intensiv 2009; 17(1): 45-46
DOI: 10.1055/s-0028-1109123
Literaturkommentar

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Intensivierte Insulintherapie auf der Intensivstation: Erfahrungen mit einem von Pflegekräften verantworteten Behandlungsprogramm

Hardy-Thorsten Panknin
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Publication Date:
27 January 2009 (online)

Problemstellung

Durch klinische Studien ist seit mehreren Jahren bekannt, dass eine relativ straffe Einstellung des Blutzuckerspiegels bei Intensivpatienten mit einer deutlichen besseren Prognose korreliert. Das verbesserte Behandlungsergebnis zeigt sich an einer geringeren Infektionsrate sowie einer geringeren Morbidität und Mortalität. Da diese Befunde von Fachgesellschaften bestätigt und in Behandlungsempfehlungen eingearbeitet wurden, sind inzwischen auf vielen Intensivstationen Programme etabliert, mit denen eine Hyperglykämie durch ein intensiviertes, intravenöses Insulinbehandlungsregime rasch auf Normwerte zurückgefahren wird. Als Zielwert für den Blutzuckerspiegel bei Intensivpatienten wird dabei ein Bereich von 80 – 110 mg/dL angesehen. Pflegekräfte haben bisher immer die Rolle des „Ausführenden” in solchen Programmen gespielt, d. h. die Frequenz der Blutzuckerkontrollen und die Dosierung des Alt-Insulins wurde jeweils patientenbezogen von den zuständigen Ärzten angeordnet und vom Pflegepersonal vollzogen.

In den USA wird inzwischen an einzelnen Kliniken ein anderer Weg gegangen, der dem Pflegepersonal deutlich mehr Handlungsspielraum einräumt. Voraussetzung ist das Vorliegen eines strukturierten Blutzucker-Management-Programms. Über die Erfahrungen mit einem solchen Programm wurde jetzt in einer pflegewissenschaftlichen Arbeit aus dem Atlanta Medical Center, einem 389-Bettenkrankenhaus am Rande der Großstand Atlanta in Georgia, USA, berichtet. Auf der gemischten 44-Betten-Intensivstation dieses Hauses werden medizinische und postoperative Patienten, Trauma- und Schlaganfallpatienten, aber auch neurochirurgische Patienten in der Akutsituation behandelt. Jährlich werden auf der Station mehr als 2600 Patienten aufgenommen. Zunächst wurde ein „Blutzucker-Kontroll-Team” aus interessierten Mitarbeitern der Pflege gebildet. Diese entwickelten, unterstützt vom Leitenden Arzt der Intensivstation und von 2 erfahrenen Diabetologen, einen Hyperglykämie-Behandlungsstandard ([Abb. 1]). Wesentliches Element des Standards war eine mehrspaltige Tabelle, aus der für jeden gemessenen Blutzuckerwert eine Insulindosierung in mL/Stunde (Insulinverdünnung 1 mL = 1 Internationale Einheit) festgelegt wurde. Die verschiedenen Spalten der Tabelle dienten dazu, die Dosierungen einer unterschiedlichen Insulinempfindlichkeit der Patienten anzupassen.

Abb. 1

Nachdem 116 Intensivfachschwestern und -pfleger in das Programm eingewiesen und geschult waren, wurden 19 Patienten im Rahmen einer Pilotstudie nach dem Behandlungsstandard behandelt. Im Ergebnis ließen sich bei 16 von 19 Patienten die Blutzuckerwerte innerhalb von 12 h unter 180 mg/dL, nach 20 h unter 150 mg/dL absenken. Der Mittelwert der nach 20 – 24 Stunden erreichten Blutzuckermesswerte lag bei 120 mg/dL und damit knapp oberhalb der Zielbereichs ([Abb. 2]). Unter 110 mg/dL waren 9 von 10 Patienten gelangt.

Abb. 2

Literatur

  • 1 Osburne R C. et al . Improving hyperglycemia management in the Intensive Care Unit.  The Diabetes Educator. 2006;  32 394-402

Hardy-Thorsten Panknin

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