manuelletherapie 2009; 13(2): 83-84
DOI: 10.1055/s-0028-1109404
Kongressbericht

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bewegung in die richtige Richtung

1. Deutsches Symposium für mechanische Diagnose und Therapie (McKenzie)J. Schwarz1
  • 1Thieme Verlag, Stuttgart
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Publication Date:
28 April 2009 (online)

Am 21. März fand in Fellbach bei Stuttgart das 1. deutschsprachige McKenzie-Symposium statt. Die Veranstaltung war auf reges Interesse gestoßen: bereits 6 Wochen nach der Ausschreibung waren alle 100 Kursplätze belegt!

Jeannette Saner-Bissig aus der Schweiz eröffnete das Symposium des neu fusionierten McKenzie-Instituts Deutschland/Schweiz/Österreich mit der Nachricht, dass das Institut ab sofort Geld für Forschungsarbeiten zur Verfügung stellen kann. Für die Durchführung eines gut strukturierten Studienvorhabens können Interessierte 5000 € erhalten.

Als nächstes stand die Tendinopathie der Achillessehne auf dem Programm. Wer dabei lediglich einen weiteren Vortrag über exzentrisches Training erwartete, wurde angenehm überrascht. Dr. Anja Hirschmüller erläuterte unter anderem neue Möglichkeiten in der Sehnendiagnostik mittels Ultraschall. Dabei ist es möglich, die Gefäße zu erkennen, die bei einer Tendinopathie pathologisch in die Sehne einsprossen. Das Verfahren hat auch den Vorteil, Vorher-Nachher-Untersuchungen zu ermöglichen. So lässt sich der positive strukturelle Effekt des exzentrischen Trainings auf die Sehne sichtbar machen und nachweisen, dass die eingesprossten Gefäße durch das Training verschwinden. Zudem gibt es mittlerweile positive Evidenz zur Wirksamkeit der extrakorporalen Stoßwellentherapie und der Nitratpflaster bei Achillessehnentendinopathien.

Der dänische Physiotherapeut Steen Olsen präsentierte eine noch nicht veröffentlichte Studie. Darin hatte er zusammen mit Kollegen Patienten mit diskogenen Schmerzen untersucht und eine Hälfte der Betroffenen nach McKenzie, die anderen chiropraktisch behandelt. Beeindruckend war das Patientenkollektiv: an der Untersuchung hatten insgesamt 350 Probanden teilgenommen. Es stellte sich heraus, dass die McKenzie-Therapie zur Reduktion der Schmerzen effizienter war als die chiropraktische Intervention.

Dr. Mathias Rosenbaum aus Lübeck gab einen Überblick über die lumbale Spinalkanalstenose. Er betonte, derzeit bestehe noch kein medizinischer Goldstandard in der Diagnostik dieses Krankheitsbildes. Der Allgemeinmediziner und McKenzie-Therapeut kritisierte, bei der Stenose unter Belastung träten zwar Symptome wie Beinschmerzen auf, die radiologische Diagnostik fände jedoch in der Regel in symptomfreier und entlasteter Position statt. Zur Verbesserung der Sensitivität der Untersuchungen empfiehlt er, sowohl die bildgebende als auch die physiotherapeutische Untersuchung nur durchzuführen, wenn gerade Symptome vorhanden sind. Bei der radiologischen Diagnostik kann es z. B. zur Provokation der Symptome nützlich sein, den Patienten mithilfe eines einfachen Kissens in Lordose zu lagern.

Über das Design von Effektivitätsstudien referierte Dr. Jan Kool aus Winterthur in der Schweiz. Er forderte, Physiotherapeuten sollten Informationen aus Studien kritisch betrachten. Dazu erläuterte er verschiedene Faktoren, die in Studien vorkommen und das Outcome beeinflussen können.

Frank Diemer aus Oy-Mittelberg ging in seinem Vortrag auf die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen der Medizinischen Trainingstherapie und dem McKenzie-Konzept ein. Er kritisierte, dass in vielen Kursen für Medizinische Trainingstherapie das Clinical Reasoning und das Erkennen klinischer Muster zu kurz kommen und die Teilnehmer lediglich Kraftübungen lernen.

Nach der Pause traf man sich in verschiedenen Workshops wieder. Alle 4 fanden jeweils 2-mal hintereinander statt, sodass die Teilnehmer die Möglichkeit hatten, an 2 davon teilzunehmen. Zur Auswahl standen das Üben von Techniken, das Bearbeiten von Fallstudien, die Analyse eines Studiendesigns und ein Rollenspiel zur Optimierung der Anamnese.

Anschließend referierte Dr. Oliver Oetke aus Bad Oeynhausen über die ärztliche Seite von Bandscheibenoperationen. In diesem Rahmen präsentierte er Videos zur Entfernung von vorgefallenem Nukleusmaterial in der LWS. Cordula Rahmani stellte danach das Nachbehandlungskonzept von Patienten nach Bandscheibenoperation der Tübinger Universitätsklinik vor. Ihr sehr progressives Vorgehen stand in deutlichem Gegensatz zu dem von Oliver Oetke, der für eine eher regressive Rehabilitation der operierten Patienten plädierte.

Den äußerst unterhaltsamen Abschluss des Symposiums bildete der Vortrag des Schweizers Reto Genucci. Er zeigte auf, auf welche Weise Physiotherapeuten einfache und valide Outcome measures in ihren Praxisalltag integrieren können.

Das Symposium war die Teilnahmegebühr von 100 € voll und ganz wert. Neben den fachlich sehr interessanten Vorträgen konnten die Teilnehmer alte Bekannte treffen und neue Kontakte knüpfen. Die Art der Nachfragen bei den Diskussionen zeigte, dass sich das Publikum insgesamt auf einem hohen fachlichen Niveau bewegte.

In 2010 ist wieder ein Symposium geplant, diesmal in einer Örtlichkeit mit größerer Kapazität. In 2009 haben Interessierte noch die Möglichkeit, am 2. Mai nach Hamburg zu reisen. Dort findet das Symposium mit gleicher Besetzung noch einmal statt.

Abb. 1 Der Hörsaal der VPT-Akadamie in Fellbach war bis auf den letzten Platz besetzt.

Abb. 2 Im Techniken-Workshop demonstrierte McKenzie-Instructor Jörg Schellbach unter anderem die Korrektur des lumbalen Shifts. Bei der Kontrolle der Techniken assistierten ihm 3 McKenzie Probationary Instructoren.

Joachim Schwarz

Email: Joachim.Schwarz@thieme.de

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