Dtsch Med Wochenschr 1953; 78(31/32): 1061-1066
DOI: 10.1055/s-0028-1114873
Therapie

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Vergleichende Untersuchungen über die Wirkung der gebräuchlichsten gefäßdilatierenden Stoffe1

Walter Hartenbach
  • Chirurgischen Universitätsklinik München (Direktor: Prof. Dr. E. K. Frey)
1 Herrn Prof. Dr. E. K. Frey zum 65. Geburtstag.
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Publication Date:
21 April 2009 (online)

Zusammenfassung

Folgende Stoffe wurden an 41 Hunden und einer großen klinischen Untersuchungsreihe auf ihre sympathikolytische, gefäßerweiternde, durchblutungsfördernde und blutdrucksenkende Wirkung überprüft:

1. Die sogenannten Sympathikolytika Hydergin, Dibenamin, Priscol, Regitin und Padutin.

2. Die gefäßdilatierenden Sympathikomimetika Vasculat und Dilatol.

3. Die Derivate der Nikotinsäure Ronicol und Restausat.

Hydergin hat hauptsächlich eine zentral sedative Wirkung. Der Einfluß auf den Blutdruck und die Gefäße ist erst bei höherer Dosierung von zwei und mehr Ampullen à 0,3 mg ausgeprägt, jedoch treten dann häufig störende Nebenerscheinungen auf. Gemessen an seinem Verhalten gegenüber Noradrenalin, Vasopressin und Renin fehlen ihm sympathikolytische Eigenschaften, sowie die Möglichkeit, peripher angreifende vasokonstriktorische Noxen hemmend zu beeinflussen. Seine relativ geringe therapeutische Breite verlangt bei intravenöser Anwendung eine vorsichtige Dosierung.

Dibenamin führt zu einer geringgradigen Durchblutungsverbesserung bei gleichzeitiger Blutdrucksteigerung am narkotisierten Hund, während am Patienten meistens ein schwacher, kurzdauernder Blutdruckabfall zu beobachten ist. Ein sympathikolytischer Einfluß auf Herz und Gefäßsystem konnte nicht festgestellt werden.

Priscol und Regitin zeigen infolge ihres Histamincharakters einen spezifischen Antagonismus gegenüber dem Sympathikusreizstoff Noradrenalin. Den blutdrucksteigernden Effekt vasokonstriktorischer Noxen wie Vasopressin und Renin vermögen sie zwar nicht aufzuheben, jedoch zu überdecken. Regitin ist bei relativ guter Verträglichkeit wesentlich wirksamer als Priscol.

Vasculat ist ein die periphere Durchblutung stark förderndes Therapeutikum mit geringen sympathikolytischen Eigenschaften und einer oft über mehrere Tage anhaltenden Blutdrucksenkung. Die Anwendung hoher Dosen oder eine länger dauernde Verabreichung erfordert eine sorgfältige Kontrolle der Herztätigkeit.

Dilatol ist dem Vasculat ähnlich. Klinische Erfahrungen fehlen uns.

Ronicol führt als Nikotinsäurederivat zu einer Anregung der Herzfunktion mit gleichzeitiger Erweiterung der peripheren Gefäße. Es fördert bei guter Verträglichkeit die Durchblutung vorwiegend der oberen und bei Steigerung der Dosis auch der unteren Körperhälfte. Es besitzt jedoch keine sympathikolytischen Eigenschaften; ebenso beeinflußt es nicht die Wirkung der Hochdruckstoffe Vasopressin und Renin.

Restausat ist gleichfalls ein Nikotinsäurederivat in Kombination mit Kalzium und Jod. Im Tierexperiment lösen schon kleine Gaben eine Kreislaufintoxikation mit erheblichen Irregularitäten von Blutdruck, Puls und Atmung aus, die sich jedoch am Patienten bei langsamer intravenöser Injektion weitgehend vermeiden läßt. Diese Beobachtung und der Jodzusatz verlangen bei der therapeutischen Anwendung eine genaue Überwachung des Patienten.

Padutin ist von den überprüften Gefäßpharmaka das einzige Präparat, dessen Wirkung sich nicht ohne weiteres erschöpfen läßt und das unbedenklich über Monate selbst in hohen Dosen gegeben werden kann. Es ist im Hinblick auf die Verträglichkeit, die Gefäßerweiterung und Durchblutungsförderung, sowie in seinen, den Sympathikotonus dämpfenden Eigenschaften den erwähnten Kreislaufstoffen deutlich überlegen.

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