Dtsch Med Wochenschr 1951; 76(26): 857-860
DOI: 10.1055/s-0028-1116821
Klinik und Forschung

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Zur Ätiologie der partiellen Daumenballenatrophie

W. Gronemeyer
  • Medizinischen Klinik des Städtischen Krankenhauses Süd, Lübeck (Prof. Dr. K. Hansen)
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Publication Date:
05 May 2009 (online)

Zusammenfassung

Das Krankheitsbild der sogenannten isolierten Abductor-opponens-Atrophie wird an Hand von 20 Fällen beschrieben und seine Pathogenese aufgezeigt. Auf Grund der Analyse des klinischen Bildes kommen wir zu folgendem Ergebnis:

1. Die isolierte Abductor-opponens-Atrophie tritt im Lauf eines durch Halswirbelsäulen-Osteochondrose bedingten Schulter-Arm-Schmerzsyndroms auf, bzw. ist Folge und Endzustand einer früher abgelaufenen Brachialgie, wie durch Katamnese und den Nachweis sensibler Resterscheinungen gezeigt werden kann.

2. Das Schulter-Arm-Schmerzsyndrom bei der Daumenballenatrophie geht einher mit schmerzhaften Funktionsstörungen der Halswirbelsäule und mit abgrenzbaren, radikulären, die Wurzeln C 6/C 7 betreffenden Sensibilitätsstörungen, röntgenologisch mit Einengung der Foramina intervertebralia zwischen HWK. 5/6 und 6/7 durch osteochondrotische Exostosen- und Randzackenbildung. Die Besonderheiten der röntgenologischen Aufnahmetechnik werden besprochen.

3. Aus dem Nachweis einer Kompressionsschädigung der 6. und 7. Cervikalwurzel läßt sich folgendes schließen: a) Die Mm. abd. poll. brevis und opp. poll. werden durch die Wurzeln C 6 und C 7 innerviert, b) Keine anderen Muskeln im Handbereich werden durch C 6/C 7 solitär innerviert, da nur der Abduktor und Opponens „isoliert” der Atrophie anheimfallen, c) Die in Anamnese und Befund hervortretende Pronationsschwäche bestätigt, daß von den Muskeln des Unterarms der Pronator teres ebenfalls isoliert der C 6/C 7 - Innervation unterliegt. Unsere Ergebnisse stellen somit einen klinischen Beitrag zu der in vielen Punkten noch ungeklärten Frage der segmentaren Muskelinnervation dar.

4. Die Auffindung von Keegan sehen Dermatomen bei der isolierten Abductor-opponens-Atrophie läßt die nahen topographischen Beziehungen zwischen Myotom und Dermatom erkennen, so daß unsere Ergebnisse als klinischer Beweis für die Gültigkeit der Metamerieregel auch in rumpffernen Körperabschnitten gewertet werden dürfen.

5. Die isolierte Abductor-opponens-Atrophie ist — entgegen der bisherigen Anschauung — kein selbständiges Krankheitsbild, sondern ein augenfälliges und häufiges Symptom einer Kompressionsschädigung der 6. und 7. Cervikalwurzel in der reichhaltigen Symptomatologie der Halswirbelspondylarthrose.

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