Dtsch Med Wochenschr 1952; 77(29/30): 911-916
DOI: 10.1055/s-0028-1117109
Klinik und Forschung

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Zur Frage der Durchblutungsnot beim vergrößerten Sportherzen

Röntgenologische und elektrokardiographische Untersuchungen bei WettkampfsportlernH. Reindell, R. Weyland, H. Klepzig, R. Bilger
  • Medizinischen Universitätsklinik Freiburg i. Br. (Direktor: Prof. Dr. med. L. Heilmeyer)
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Publication Date:
23 April 2009 (online)

Zusammenfassung

Nach einer kurzen Literaturübersicht über das Sportherz werden Untersuchungsergebnisse von der Deutschland-Radrundfahrt 1950 und 1951, von der Deutschen Leichtathletikmeisterschaft 1950 in Stuttgart und 1951 in Düsseldorf, von den Deutschen Skimeisterschaften 1951 und von Nachuntersuchungen von Hochleistungssportlern berichtet. Die Befunde lassen sich im wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

1. Die hier beobachteten Veränderungen des Extremitäten-EKG in Ruhe, sofort nach extremer Belastung und in der Erholungsphase, weichen nicht von denen schon früher von Reindell mitgeteilten ab.

2. Pathologische ST- und T-Veränderungen wurden nur in seltenen, genauer geschilderten Fällen beobachtet und fast nur bei Sportlern mit nicht vergrößertem Herzen, in keinem Falle bei den Berufsradrennfahrern.

3. Im Thorax-EKG und in den unipolaren Extremitätenableitungen fand sich besonders bei großen Sportherzen häufig ein unvollständiger Rechtsschenkelblock nach Wilson, wobei die QRS-Gruppe aber niemals über 0,11 Sek. verbreitert war.

4. Im Gegensatz zur Annahme von v. Boros zeigte sich, daß auch das stark vergrößerte Sportherz Frequenzen über 150/Min. erreichen kann, ohne eine Koronarinsuffizienz zu bekommen. Schon eine Minute nach Beendigung der Belastung erreicht die Frequenz annähernd den Ruhewert. Sofort nach Dauerleistungen betrug sie gewöhnlich nicht über 120/Min.

5. Daß es sich bei den vergrößerten Sportherzen vorwiegend um eine Dilatation und weniger um eine Hypertrophie handelt, zeigt eindrucksvoll die Verkleinerung solcher Herzen beim Valsalva-Preß-Versuch. Die Vergrößerung des Sportherzens ist ist nicht durch eine myogene oder tonogene Dilatation, sondern durch eine „regulative Dilatation” bei geringer Hypertrophie bedingt, die als Anpassung an die vermehrte Volumenbelastung gedeutet wird.

6. Nach den hier vorliegenden Befunden trifft die Ansicht von v. Boros, Kern u. a. nicht zu, daß das Sportherz weniger leistungsfähig als das gesunde Herz ist, sondern es zeigte sich, daß das Herz nach systematischem sportlichem Training Höchstleistungen bewältigen kann, ohne in eine Durchblutungsnot zu gelangen. Gegen eine Schädigung des Sportherzens spricht auch, daß nach den geschilderten Beobachtungen Sportler über viele Jahre Höchstleistungen vollbringen können.

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