Dtsch Med Wochenschr 1951; 76(46): 1691-1693
DOI: 10.1055/s-0028-1117505
Klinik und Forschung

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Zur neuroradiologischen Untersuchung

K. Decker
  • Röntgenabteilung (Leiter: Priv.-Doz. Dr. K. Decker) der Nervenklinik der Universität München (Direktor: Prof. Dr. K. Kolle)
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Publication Date:
05 May 2009 (online)

Zusammenfassung

Es liegen Erfahrungen bei 7564 Karotis-Angiographien, 393 Vertebralis-Angiographien, 7440 Enzephalographien und 787 Myelographien zugrunde. Die Karotis-Angiographie belästigt den Patienten weniger als die Luftenzephalographie, sie wird deshalb in unklaren Fällen häufiger als früher ausgeführt. Die Halsschlagader wird fast ausschließlich perkutan punktiert. Beim Verdacht einer obliterierenden Gefäßerkrankung ist besondere Vorsicht geboten. Zur Vermeidung von Komplikationen soll während des Eingriffes fortlaufend der Blutdruck gemessen, die Zahl der Injektionen auf ein Mindestmaß beschränkt und der Kranke nach dem Eingriff sorgfältig beobachtet werden. Eine Injektion selbst geringer Mengen des Kontrastmittels in die Gefäßwand ist gefährlich, da hierdurch Zirkulationsstörungen im Hirnkreislauf und dementsprechende Ausfallserscheinungen verursacht werden können. Um eine glatte Punktion und eine freie Lage der Kanüle im Gefäßlumen zu gewährleisten, ist die Ausführung des Eingriffes in Narkose angezeigt (bei Kindern Allgemeinnarkose mit Avertin). Die Blutgerinnung darf bei den Kranken nicht gestört sein, andernfalls bestünde die Gefahr eines Hämatoms an der Punktionsstelle mit einer akuten Behinderung der Atmung. Durch eine Injektion von Luft oder kleinen Fremdkörpern kann es zu Embolien in kleinen Arterien des Augenhintergrundes und dadurch zu Ausfällen im Gesichtsfeld kommen, eine Komplikation, die 3mal beobachtet wurde. Eine Hemiplegie trat bei 7500 Angiographien 4mal auf. Im allgemeinen sollte eine Angiographie nur bei Kranken ausgeführt werden, bei denen noch mit der Möglichkeit einer wirksamen Behandlung gerechnet wird. Die Zahl der Zwischenfälle ist, wenn man dieser Forderung Rechnung trägt, gering, so daß eine ambulante Durchführung der Untersuchung verantwortet werden kann. Die Zahl der Zwischenfälle wird abnehmen, wenn durchsichtige Schläuche aus Kunststoffen zur Verfügung stehen und verbesserte Kontrastmittel in Verbindung mit einer raschen Serien-Angiographie zur Anwendung kommen. Die schnelle Serien-Angiographie ermöglicht eine Herabsetzung der Kontrastmittelmenge. Die Frage, ob bei der Luftenzephalographie die Punktion zweckmäßiger lumbal oder subokzipital durchgeführt wird, ist umstritten. Wird die Luft lumbal appliziert, so werden die Liquorräume des Gehirns umfassender dargestellt, doch muß in vielen Fällen mit heftigen Beschwerden nach der Enzephalographie gerechnet werden. Außerdem besteht bei Hirntumoren die Gefahr eine Massenverlagerung und damit einer Blokkade des Foramen magnum. Als weitere Komplikation wird auf eine Subarachnoidalblutung (in etwa 2‰) und eine — meist banale — Meningitis (ebenfalls etwa 2‰ der Fälle) hingewiesen. Die Vertebralis-Angiographie dient der Diagnostik der Geschwülste der hinteren Schädelgrube; zur Injektion des Kontrastmittels wird die ventrale Punktion am Hals bevorzugt. Der Wert der Methode ist begrenzt, nur Haemangioblastome und einzelne Akustikustumoren lassen sich gut darstellen. Die Indikation sollte nach strengeren Gesichtspunkten als bei der Karotis-Angiographie gestellt werden. Bei der Gas-Myelographie wird das Kontrastmittel subokzipital in Beckenhochlagerung eingeführt und der Spinalkanal durch tomographische Aufnahmen dargestellt. Spinale Tumoren und Diskushernien können gut lokalisiert werden. Die Beurteilung der Bilder erfordert jedoch große Erfahrung. Bei Menschen höheren Lebensalters können ausgedehnte Hernien der Bandscheiben vorliegen, ohne daß dadurch Beschwerden verursacht werden. Die Myelographie mit schattengebenden Kontrastmitteln (Pantopaque, Ethiodan) hat komplizierte Röntgenapparaturen zur Voraussetzung, in den USA ist sie heute die am häufigsten ausgeführte neuroradiologische Untersuchung.