Dtsch Med Wochenschr 1950; 75(37): 1225-1229
DOI: 10.1055/s-0028-1117647
Therapie

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Experimentelle und klinische Erfahrungen mit einem Kollaps- und Hypotoniemittel aus der Adrianolreihe

K. H. Hildebrand, A. Block, I. Jacobi
  • Medizinischen Universitätsklinik Frankfurt a. M. (Direktor: Prof. Dr. Dr. h. c. F. Volhard)
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Publication Date:
29 May 2009 (online)

Zusammenfassung

m-Oxyphenyläthanoläthylamin (Äthyladrianol) führt zu einer leichten bis mäßigen Blutdrucksteigerung, bei der der diastolische Druck und die Pulsfrequenz ganz bestimmte Abläufe zeigen. In mehr als zwei Dritteln der Fälle kommt es zur Zunahme des Schlagminutenvolumens, der Herzleistung und zum Absinken der peripheren Widerstände. Diese Zunahme der Gesamtstromstärke ist auf eine Depotentleerung und einen verbesserten venösen Rückfluß zurückzuführen, Venendruck und schnell zirkulierende Blutmenge nehmen zu. Es kommt dadurch zu einer Verbesserung der Förderleistung des Herzens. In erster Linie handelt es sich aber um eine Gefäßwirkung. In dieser Weise reagieren alle vagotonen Ausgangslagen, alle Hypotonien und ein Teil der Sympathikotonen.

Der Rest, weniger als ein Drittel der Fälle, weist unter dem Bild der Blutdrucksteigerung eine Erhöhung der peripheren Widerstände und Minutenvolumenabnahme, also Verschlechterung der Durchblutung auf. Es sind das Ausgangslagen mit hohem sympathikotonen Tonus, Mittellagen, uncharakteristische und uneinheitliche Typen.

Die Herzfrequenz bleibt auf Äthyladrianol oft unverändert oder fällt ab. Eine leichte Frequenzzunahme als primäre Herzwirkung wird nur bei niederer Ausgangsfrequenz beobachtet, der niedrigsten Frequenz entspricht die stärkste Acceleration. Das normale Herz zeigt bei der kreislaufgünstigen und -ungünstigen Reaktionsform keine wesentliche EKG-Veränderung. Die Koronardurchblutung reicht zur Deckung des gesteigerten O2-Bedürfnisses aus.

Die periphere Reaktion auf Äthyladrianol ist einmal abhängig von der vegetativen Ausgangslage und der vegetativen Regulation, zum anderen von der Dosierung und Applikation. Bei intravenöser Anwendung wird stets eine Abnahme der Durchblutung beobachtet.

In geringem Grade werden Blutzucker und Grundumsatz durch Äthyladrianol gesteigert.

Äthyladrianol wird im Magen-Darm-Kanal gut resorbiert. Wirkungseintritt und -zeit und Dauer sind von Dosierung und Applikation abhängig. Die Wirkungsdauer beträgt 1—2 Stunden.

Äthyladrianol ist deshalb indiziert bei Kollapsformen mit Blutdrucksenkung, niederem Venendruck und verminderter Blutmenge. Äthyladrianol empfiehlt sich bei allen Formen der Hypotonie, also in der Rekonvaleszenz, nach Operationen, Entbindungen, nach Infektionskrankheiten, bei Erschöpfungszuständen, bei konstitutionell und hormonal bedingten Hypotonien. Auch bei lokalen Durchblutungsstörungen bewährt es sich. — Gegenindikation stellen alle Formen des Hochdrucks, der Herzinsuffizienz, ernste Myokardschäden und Thyreotoxikose dar.

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