Dtsch Med Wochenschr 1948; 73(5/08): 65-68
DOI: 10.1055/s-0028-1118053
Klinik und Forschung

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Beobachtungen über Eiweißmangelschäden in einer geschlossenen Anstalt nebst Bemerkungen zur Therapie

A. Jores
  • 2. Medizinischen Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf (Direktor: Prof. Dr. A. Jores)
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Publication Date:
02 June 2009 (online)

Zusammenfassung

Die in der Einleitung aufgeworfene Frage kann nach den hier vorgelegten Beobachtungen eindeutig verneint werden. Die Lehren der Physiologie über Kostmaß und Eiweißbedarf sind zutreffend. Die Leistungsfähigkeit, der Allgemeinzustand und die Zahl der Todesfälle stehen nach den in einer geschlossenen Anstalt gemachten Beobachtungen in absoluter Abhängigkeit von der Ernährung. Sind einmal Eiweißmangelschäden aufgetreten, so ist eine Kost von 1800 Kalorien mit 30 g Eiweiß und 6 g tierischem Eiweiß nicht in der Lage, diese Schäden zu beheben. Ein überraschend schneller Gewichtsanstieg wie eine wesentliche Besserung der Arbeitsfähigkeit und des allgemeinen Gesundheitszustandes erfolgt jedoch bei einer täglichen Kalorienzufuhr von 2250 mit 35 g tierischem Eiweiß. Diese Kost erfüllt die Forderungen der Physiologen. Wenn also in unserer Bevölkerung sich keineswegs das extreme Bild dokumentiert, das wir in dieser geschlossenen Anstalt beobachten konnten, so kann das nur daran liegen, daß die Möglichkeiten der zuätzlichen Kostbeschaffung, wobei sicher auch die Paketsendungen aus dem Ausland eine erhebliche Rolle spielen, sehr groß sind.

Es konnte des weiteren gezeigt werden, daß Sojaeiweiß in der Lage ist, die Eiweißmangelerscheinungen in vollem Umfange zu beheben. Bei ausgeprägten Mangelsymptomen erwies sich aber eine tägliche Menge von 200 g Sojaflocken als notwendig. Auf der Basis des mit Soja aufgebauten Präparates Teneron ließ sich ein annähernd gleicher Effekt mit 100 g, das entspricht 60 g Sojamehl, erzielen.

Auf die große Bedeutung des Sojaeiweißes nicht nur zur Behebung der gegenwärtigen Eiweißnot, sondern auch, auf längere Sicht gesehen, zur Deckung des großen Eiweißdefizits, wird hingewiesen.

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