Dtsch Med Wochenschr 1954; 79(27/28): 1091-1093
DOI: 10.1055/s-0028-1119314
Klinik und Forschung

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Zum Problem des Hepatorenalen Syndroms - unter besonderer Berücksichtigung der Beeinflussung der Nierenfunktion durch die Virushepatitiden (Schluß)

L. Benda, E. Rissel, N. Stefenelli
  • I. Medizinischen Universitätsklinik Wien (Vorstand: Prof. Dr. E. Lauda)
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Publication Date:
03 May 2009 (online)

Zum Problem des Hepatorenalen Syndroms - unter besonderer Berücksichtigung der Beeinflussung der Nierenfunktion durch die Virushepatitiden

Zusammenfassung

Zusammenfassend kann über die scheinbaren Nierenfunktionsstörungen bei der schweren Virushepatitis folgendes gesagt werden:

1. Die Bestimmung des Reststickstoffes sowie des Harnstoffes— also des Residualstickstoffes — ergeben bei der schweren Hepatitis keine von der Norm abweichenden Befunde, und es kann daher, wenigstens unserer Meinung nach, in keiner Weise von einem Hepatorenalen Syndrom gesprochen werden.

2. Störungen der Nierenfunktion zeigen sich bei schweren Hepatitiden nur im Harnbefund; Blutdruck, Reststickstoff und Residualstickstoff sind in keiner Weise verändert. Die Veränderungen im Wasserhaushalt, wie Oligurie und Hyposthenurie, dürften in erster Linie durch die Leberparenchymerkrankung primär bedingt sein. Statt dem aus der französischen Schule übernommenen Begriff der „Hepatonéphrite” würden wir für die Nierenveränderungen im Rahmen der Virushepatitis die Bezeichnungen „Hepatonephrose” für geeigneter halten.

3. Am Höhepunkt der Hepatitis, meistens bei Werten von 12—16 mg% Bilirubin im Serum, kann es zu einer Albuminurie und Zylindrurie in charakteristischer Weise kommen.

4. Diese Erscheinungen gehen völlig ohne Residuen zurück, wenn der Serumbilirubinspiegel wieder unter die angegebenen Werte absinkt.

5. In typischen Fällen kann aus der Menge der Zylinderarten auf den unmittelbaren Verlauf der Hepatitis geschlossen werden.

6. Diese Befunde deuten in keiner Weise auf andere Nierenfunktionsstörungen oder Schädigungen der Niere hin und verschwinden ohne Resterscheinungen, wenn frühere Veränderungen der Niere ausgeschlossen werden können.

7. Es ist bemerkenswert, daß bei unseren Untersuchungen in zahlreichen Fällen von schwerer Hepatitis kein sogenanntes Hepatorenales Syndrom gefunden werden konnte, obwohl man es nach dem bisherigen Begriff desselben erwarten müßte.

8. Wir halten das sogenante Hepatorenale Syndrom für eine durch verschiedene Ursachen auslösbare, reflexbedingte und zentralgesteuerte Stoffwechselstörung, bei der anscheinend die Niere das Erfolgsorgan darstellt, und die mit einer Leberparenchymschädigung an sich nicht in direktem Zusammenhang steht. Es sei dabei auf die Bedeutung der vasodepressorischen Stoffe hingewiesen, denn diese Stoffe könnten am ehesten durch die Art ihrer Entstehung und Wirkung den pathophysiologischen Ablauf des sogenannten Hepatorenalen Syndroms erklären. Am ehesten würde dieses Syndrom in das Schocksyndrom einzuordnen sein.

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