Pneumologie 2009; 63(4): 195-196
DOI: 10.1055/s-0028-1119717
Leserbrief

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Behandlung von Patienten mit Asthma bronchiale mit langwirksamen bronchialerweiternden Medikamenten (Formoterol und Salmeterol)

Stellungnahme der Deutschen Atemwegsliga und der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und BeatmungsmedizinLong-Akting Bronchodilators (Formoterol and Salmeterol) for Treatment of AsthmaComment of the German Airway League and the German Respiratory Society
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Publication Date:
02 April 2009 (online)

Pneumologie 2009; 63: 5

Mit einiger Verwunderung haben wir die Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und der Deutschen Atemwegsliga formuliert von Herrn P. Kardos in der Pneumologie gelesen. Die dort formulierte uneingeschränkte Empfehlung zum Einsatz von Fixkombinationen in solchen Fällen, in denen ein langwirksames Beta-2-Mimetikum (LABA) zur Behandlung eines Asthma bronchiale indiziert ist, teilen wir in dieser Form nicht. Insbesondere aber hätten wir bei einer offiziellen Stellungnahme unserer medizinischen Fachgesellschaft und der Deutschen Atemwegsliga eine deutlich differenziertere Darstellung der Gesamtproblematik erwartet. In der Hoffnung auf eine breitere Diskussion möchten wir hier einige grundsätzliche Anmerkungen machen.

In der Realität ist es wohl so, dass heute der größere Teil der Patienten mit einem Asthma bronchiale unabhängig vom Schweregrad, also auch Patienten mit einem formal leichtgradigen Asthma bronchiale, primär mit einer Fixkombination eingestellt werden. Daher ist es besonders positiv zu bewerten, dass in der Stellungnahme von Herrn P. Kardos ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass nicht alle Patienten ein langwirksames Beta-2-Mimetikum und damit eine Fixkombination benötigen. Mit Recht wird auch darauf hingewiesen, dass der größere Teil der Patienten mit Asthma bronchiale eigentlich kein LABA benötigt. Die aktuelle Stellungnahme wird aber unserer Ansicht nach den unkritischen Einsatz von Fixkombinationen auch bei Patienten mit leichtem Schweregrad in der Realität eher noch verstärken.

In einer Zeit, in der wir noch keine langwirksamen Beta-2-Mimetika und auch keine Fixkombinationen zur Verfügung hatten, war durchaus die größere Zahl der Patienten mit Asthma bronchiale allein unter einer Monotherapie mit inhalativen Glukokortikoiden (ICS) stabil. Auf die Frage, wie viel Asthma-Kontrolle denn eigentlich ein Patient braucht, wollen wir hier nicht eingehen. Die notwendige Anzahl der Inhalationen mit kurzwirksamen Beta-2-Mimetika war auch bei den meisten Patienten zur damaligen Zeit auf wenige Situationen (z. B. vor körperlicher Belastung etc.) beschränkt. Als die langwirksamen Beta-2-Mimetika dann auf den Markt kamen und insbesondere zu der Zeit, als wir sie noch wegen der fehlenden Zulassung in Deutschland aus dem Ausland bezogen, haben wir diese Substanzgruppe praktisch ausschließlich 1 × täglich, vor allem bei solchen Patienten eingesetzt, die noch nachts oder früh morgendliche Asthmasymptome hatten. Das grundsätzliche Vorgehen war also so (und dies muss insbesondere für die jüngeren Kollegen noch einmal hervorgehoben werden), dass wir zunächst die Dosis ICS bis zu einer vertretbaren Tagesdosis gesteigert haben und erst dann über den Einsatz von langwirksamen Beta-2-Mimetika nachdachten, wenn weiterhin eine entsprechende Symptomatik bestand.

Dies erscheint uns auch heute noch ein korrektes und angemessenes Vorgehen, insbesondere, da wir auch heute noch den alten pharmakologischen Grundsatz beherzigen sollten, „Reize nie einen Rezeptor ohne zwingende Notwendigkeit”. Ein solches Vorgehen ist aber heute bei Verordnung einer Fixkombination gar nicht mehr möglich, da wir wohl davon ausgehen dürfen, dass die 1 × tägliche Gabe einer Fixkombination sicher zu einer Unterdosierung mit einem ICS führen wird.

Zudem können wir bei einer Therapie mit Fixkombinationen wohl niemals wirklich sicher sein, ob die antiinflammatorische Therapie ausreichend ist. Die starke Wirkung der langwirksamen Bronchodilatatoren überdeckt ohne Zweifel alle Hinweise auf eine ungenügende Basistherapie mit ICS. Die sogenannte Inflammometrie (u. a. NO-Messungen) hat nicht das gehalten, was wir primär von ihr erhofft haben. So gibt es derzeit keine Möglichkeit zu überprüfen, ob die antiinflammatorische Basistherapie unter Behandlung mit Fixkombinationen adäquat ist. Es stellt sich die Frage, ob nicht die früher übliche Vorgehensweise der Titration mit ICS eine viel bessere und vor allem auch eine unserem Verständnis der Asthmapathophysiologie und der Realität angepasste Vorgehensweise war. In einer Zeit, in der wir gerade das Asthma sozusagen wieder als „Mysterium” entdecken und das Asthma nicht mehr als eine Entität, sondern jetzt allenfalls als ein Syndrom mit unterschiedlichen pathophysiologischen Aspekten und unterschiedliche „Phänotypen” (z. B. nicht-eosinophiles Asthma etc.) sehen, erscheint uns die Therapie mit einer Fixkombination geradezu als eine Simplifizierung und muss vielleicht aktuell schon wieder als historisch gesehen werden.

Genaue Zahlen über den tatsächlichen Bedarf gibt es nicht, aber wir möchten behaupten, dass nur bei wenigen Patienten ein Wechsel zwischen den drei grundsätzlich wählbaren Dosierungsstufen von Fixkombinationen vorgenommen wird. In der Regel wird ein Mal die „Normaldosis” oder die „Forte-Dosis” rezeptiert und dann für unbestimmte Zeit beibehalten. Es findet in der Realität bei Verordnung von Fixkombinationen sicher nur selten eine Therapieeskalation oder -deeskalation statt. Dies gilt zumindest für die breite Verordnungsrealität, bei einer engmaschigen Betreuung durch Pneumologen mag dies selbstverständlich anders aussehen. In der Realität werden aber die meisten Asthmatiker nicht von Fachärzten, sondern von Hausärzten betreut. Auch daher ist in einer offiziellen Stellungnahme unbedingt auf ein differenziertes Vorgehen im Umgang mit Fixkombinationen hinzuweisen.

Der unbestrittene Vorteil der Fixkombinationen liegt darin, dass man statt zwei Inhalationsgeräten nur eines verwenden muss (two-in-one-Prinzip). Dies verhindert natürlich – und das ist ein Hauptargument in der Stellungnahme –, dass die Patienten die ICS-Inhalation vernachlässigen und nur noch das Medikament inhalieren, das eine sofort spürbare Symptomerleichterung bringt. Die Gefahr, die von einer Monotherapie mit LABA ausgeht, wird natürlich durch die fixe Ankoppelung eines ICS reduziert. Zusammenfassend wird dies oft als eine deutlich gebesserte Compliance beschrieben. Dies ist natürlich nicht wirklich korrekt. Die Compliance für die Inhalation von ICS wird durch die Fixkombination nicht gebessert. Der Patient inhaliert ja nicht bewusst ein ICS, vielmehr inhaliert er es unbewusst sozusagen huckepack mit dem LABA, weil er eine Symptomerleichterung herbeiführen will. Darüber hinaus gibt es soweit uns bekannt, keine Daten, dass eine Fixkombination per se die Compliance im eigentlichen Sinne verbessert. Vielmehr zeigt die Realität, dass die Patienten auch ihre Fixkombination doch eher bedarfsgesteuert einsetzen. Dies hat ja auch die Diskussion und die Studien zum Einsatz einer Fixkombination zur Maintenance- und Reliever-Therapie beflügelt. Die Ergebnisse aus Studien zur Behandlung von Asthma-Patienten stellen bezüglich Auswahl der Teilnehmer, Schulung und Überprüfung der Inhalationstherapie eine artifizielle Situation dar, die in der täglichen Praxis so kaum vorkommt. Insofern sind die meisten Studien nicht ohne Weiteres in die Realität übertragbar.

Wir meinen, eine offizielle Stellungnahme zum Umgang mit Fixkombinationen hätte einige dieser Aspekte aufgreifen und etwas ausgewogener und differenzierter ausfallen müssen. Man stelle sich einmal vor, die Empfehlungen für die Auswahl von Inhalationssystemen hätten sich ganz eindeutig für die Anwendung von Dosieraerosolen und damit gegen den Einsatz von Trockenpulverinhalatoren oder vice versa entschieden. Dies hätte sicherlich einen Aufschrei und vor allem auch zahlreiche und heftige Proteste von einzelnen Kollegen aber auch von der Pharmaindustrie hervorgerufen. Letztlich aber verhält es sich mit der Empfehlung für Fixkombinationen nicht anders. Die Fixkombinationen sind per se nicht wirksamer als eine konsekutive Inhalation von ICS und LABA. Es ist unserer Meinung nach unverändert gut und wichtig, auch ICS und LABA getrennt in unterschiedlichen Inhalationssystemen zur Verfügung zu haben. Dies bereichert die Therapie entscheidend.

Die FDA weist mit Recht auf die Gefahr der Monotherapie mit LABA beim Asthma bronchiale hin. Die Entscheidung der FDA aber in Deutschland als ein weiteres Argument in der Diskussion um die Fixkombinationen mit dem IQWIG zu benutzen, erscheint uns ebenfalls wie eine starke Simplifizierung der Probleme.

„ Man soll alles so einfach wie möglich machen, aber nicht einfacher. ” (A. Einstein)

Dr. med. Th. Voshaar

Med. Klinik III
Schwerpunkt Pneumologie, Allergologie
Zentrum für Schlaf- und Beatmungsmedizin
Interdisziplinäres Lungenzentrum, Krankenhaus Bethanien

47441 Moers

Email: th.voshaar@t-online.de

Prof. Dr. med. D. Köhler

Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft

Annostr. 1
57392 Schmallenberg

Email: d.koehler@fkkg.de

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