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DOI: 10.1055/s-0028-1119825
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart
Zur Prophylaxe mit chemotherapeutischen und antibiotischen Mitteln1
1 Unter Anlehnung an einen Vortrag vor dem internationalen Kongreß für prophylaktische Medizin, Meran 1952.Publication History
Publication Date:
03 May 2009 (online)

Zusammenfassung
Eigene Beobachtungen und Untersuchungen führen zur Ablehnung der Prophylaxe innerer Erkrankungen mittels Sulfonamiden und zu skeptischer Einstellung gegenüber der Penicillinprophylaxe, zumindestens bei oraler Verabreichung.
Diese Einstellung beruht u. a. auf folgenden Ergebnissen:
1. In 172 Fällen sahen wir Staphylokokken-, Streptokokken- und Kolierkrankungen unter üblicher Sulfonamiddosierung entstehen.
2. In 62 Fällen von Staphylokokken- und Streptokokkenerkrankungen war unter Penicillin in üblicher Dosierung das Entstehen dieser Erkrankungen beobachtet worden. In allen Fällen waren die Erreger in vitro penicillinempfindlich.
3. Unter 640 Kindern kam es trotz Sulfonamidprophylaxe (3× 0,5 g) zu 46 streptokokkenbedingten fieberhaften Racheninfektionen (=7,2%). Unter 710 Kindern ohne Sulfonamidprophylaxe entstanden 68 solcher Racheninfektionen (=9,6%). Die Differenz ist statistisch nicht beweiskräftig.
4. In den beiden Gruppen befanden sich insgesamt 147 Kinder mit einem akuten Rheumatismus in der Vorgeschichte. 89 erhielten Sulfonamide, 58 blieben unbehandelt. Unter den 89 mit Sulfonamiden wurden in der Beobachtungszeit 5 Rezidive beobachtet, unter den 58 ohne Sulfonamide 4.
5. Wir verfügen über 17 Krankengeschichten von Kindern, in denen trotz ausreichender Sulfonamidbehandlung der Tonsillitis durch den Hausarzt eine rheumatische Ersterkrankung folgte. In 12 weiteren Fällen ging ausreichende Penicillinbehandlung voraus.
6. Die Zahl primär penicillinresistenter Bakterienstämme wächst an. — Oral verabreichtes Penicillin wird von Kindern individuell unterschiedlich resorbiert. Die in der Literatur angegebenen Dosen reichen zur Erzielung einer ausreichenden Blutkonzentration nicht aus. Unter 72 während gehäufter Hausinfektionen so behandelten Kindern sahen wir 11 Streptokokkeninfektionen.
7. Auch bei höherer oraler Penicillindosierung sahen wir Streptokokkeninfektionen auftreten (unter 16 Kindern 2mal):
8. In operativ entferntem Tonsillengewebe sahen wir trotz ausreichender Penicillingabe vor der Operation sehr unterschiedliche Gewebekonzentrationen. In chronisch kranken Tonsillen erschien die Wirkstoffkonzentration oft besonders unzureichend. Versagen der Prophylaxe trotz ausreichender Blutkonzentration würde erklärt werden können mit der davon weitgehend unabhängigen Gewebekonzentration.
Beim akuten Rheumatismus des Kindes wird aus diesen Gründen die Dispositionsprophylaxe (Stoeber) für wesentlicher und physiologischer gehalten. Die Fragwürdigkeit prophylaktischer Sulfonamid- und Penicillinbehandlung gilt über den akuten Rheumatismus hinaus für alle inneren Erkrankungen des Kindesalters. Für lokale Anwendung etwa in Wunden haben diese Folgerungen keine Gültigkeit.