Dtsch Med Wochenschr 1937; 63(4): 125-128
DOI: 10.1055/s-0028-1120942
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Kritik an der bisherigen Berechnung des Geburtstermins1

F. A. Wahl - Oberarzt der Klinik
  • Universitäts-Frauenklinik in Köln. Direktor: Prof. H. Naujoks
1 Vortrag, gehalten in der Niederrheinisch-westfälischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe am 14. XI. 1936 in Düsseldorf.
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Publication Date:
04 May 2009 (online)

Zusammenfassung

Die früher bereits an 5000 geburtshilflichen Fällen gemachten Feststellungen über die Bedeutung des Menstruationszyklus für die Errechnung des Geburtstermins werden an Hand der Resultate einer zweiten 4000 Fälle umfassenden Statistik bestätigt und wesentlich erweitert.

Die bisher dem Naegeleschen Schema zugrunde liegende Zahl von 280 Tagen als Zeitspanne für die Dauer der Schwangerschaft in bezug auf die letzte normale Periode besteht nicht mehr zu Recht. Die auf die Menstruation bezogene Schwangerschaftsdauer beträgt für alle Frauen, die ein reifes Kind austragen, durchschnittlich 285 (284,62) Tage. Auf diesem Durchschnittswert durch sämtliche 4000 Fälle liegt mit 284,83 Tagen die auf die letzte normale Periode bezogene Schwangerschaftsdauer, welche dem zu 81% vorkommenden 4 wöchigen Menstruationszyklus entspricht.

Das uns bisher bekannte Naegelesche Schema zur Errechnung des Geburtstermins darf nicht mehr lauten: 1. Tag der letzten normalen Periode minus 3 Monate plus 7 Tage, sondern plus 12 Tage und außerdem darf dieses Schema auch in der neuen Form nur für den 28 tägigen Menstruationszyklus Anwendung finden.

Die den kürzeren bzw. längeren Menstruationszyklen entsprechenden kleineren bzw. größeren Werte für die Schwangerschaftsdauer liegen zwischen 277 und 295 Tagen. Die Daten sind einzeln für jeden Zyklus berechnet und tabellarisch aufgeführt.

Die bereits aus meiner 1. Statistik gefolgerte Ansicht, daß Frauen mit 3 wöchigem Typus in sichtlich kürzerer Zeit ein Kind zur Reife aufbauen als 4 wöchig Menstruierende, wird auf Grund der weiteren und neuen Ergebnisse der vorliegenden 2. Statistik völlig bestätigt.

Diese generative Mehrleistung und die uns aus den zyklischen Vorgängen bereits bekannte erhöhte Lebensenergie der Ovarien bei Frauen mit 3 wöchigem Menstruationszyklus geben Anlaß zur Annahme, daß die 3 wöchig menstruierende Frau möglicherweise ganz allgemein eine andere biologische Wertung erfahren muß als die 4 wöchig oder langfristig menstruierende Frau.

Bei einer Vermutung einer eventuell vorliegenden Übertragung ist in Sonderheit der Frage nach der Länge des vorausgegangenen Menstruationszyklus Rechnung zu tragen. Während man bei normalem 28tägigem Menstruationszyklus und länger dauerndem Zyklus mit prophylaktischen Maßnahmen zur Vermeidung der Gefahr der Übertragung eher etwas zögern kann, ist bei kurzfristigem Menstruationszyklus besondere Vorsicht, also eventuell früheres Eingreifen, am Platze.

Die vorstehend mitgeteilten neuen Erkenntnisse über die Dauer der Schwangerschaft und deren Abhängigkeit von der Länge des Menstruationszyklus müssen bei kassenärztlich — und gerichtsärztlich — gutachtlichen Äußerungen Berücksichtigung finden.

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