Zusammenfassung
Der Befund von Aktinomyceten und ihren Drusen durch bakteriologischen oder histologischen
Nachweis besagt bei einer eitrigen Entzündung im Gesicht oder am Hals noch nicht,
daß eine Aktinomykose vorliegt. (Das gleiche gilt für den Befund von Leptothrix.)
In der Mehrzahl der Fälle sind die Aktinomyceten avirulent und stellen eine saprophytäre
Beimengung zu den Eitererregern dar. Nur in 40% der Fälle sind sie virulent und befähigt,
eine chronische spezifische Entzündung hervorzurufen. Nicht der Pathologe oder Bakteriologe
kann daher die Diagnose der Aktinomykose stellen, sie können nur einen Befund erheben.
Der Kliniker muß aus der Beobachtung des Krankheitsbildes und Verlaufes entscheiden,
ob die Aktinomyceten virulent oder avirulent sind, ob sie das Krankheitsbild bestimmend
beeinflussen oder nicht, ob eine echte Aktinomykose oder eine Pseudoaktinomykose vorliegt.
Ein erheblicher Teil der Aktinomykosen, über die im Schrifttum berichtet wird, sind
mit großer Wahrscheinlichkeit Pseudoaktinomykosen. Sie wären auch ohne Röntgenbestrahlung
oder „radikale operative Maßnahmen” in kurzer Zeit geheilt worden. Es erklärt sich,
warum viele Fälle von Aktinomykose schon mit wenigen kleinen Röntgendosen geheilt
werden konnten. Es waren das die Pseudoaktinomykosen. Die echten Aktinomykosen benötigen
meist lang dauernde Bestrahlungen oder intensive Röntgendosen. Für echte Aktinomykosen
ist die Jod-Iontophorese mindestens ebenso wirksam wie die Röntgenbestrahlung, sie
hat aber den Vorzug der Ungefährlichkeit.