Dtsch Med Wochenschr 1927; 53(36): 1501-1502
DOI: 10.1055/s-0028-1126799
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Ueber den gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse über Leicheninfektionen mit Syphilis

Erich Hoffmann
  • Aus der Universitäts-Hautklinik in Bonn
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Publication Date:
19 August 2009 (online)

Zusammenfassung

1. Das Dogma, daß Leicheninfektionen mit Syphilis nicht vorkommen, ist falsch und nicht nur durch Beobachtungen am Menschen, sondern auch durch breit angelegte Tierversuche widerlegt.

2. Leicheninfektionen mit Syphilis sind aber ungemein selten; denn trotz aller Bemühungen (auch wiederholter Rundfragen) gelang es nur, 20 sichere und 14 mehr oder weniger wahrscheinliche und 4 nur ganz kurz erwähnte derartige Fälle zu sammeln.

3. Die Schanker saßen bei den 20 sicheren Fällen fast stets an den Fingern (3 am Zeigefinger, 4 am Daumen, 10 an andern Fingern); einmal fand sich ein Primäraffekt am Halse, selten keiner.

4. Der Verlauf war öfters schwer, in 3 Fällen bestand maligne Syphilis, einmal frühzeitige Hirnsyphilis; fast alle Infektionen wurden nicht rechtzeitig, manche erst auffallend spät als solche erkannt.

5. Heutzutage ist die Früherkennung durch Untersuchung auf Spir. pall. leicht möglich und dann durch genügend starke Bi. - Salvarsanbehandlung auch die Frühheilung erreichbar.

6. Die Ansteckung erfolgt am leichtesten an Leichen kongenital-syphilitischer Kinder und Feten, seltener an solchen frühsyphilitischer Erwachsener, ausnahmsweise gar bei Paralyse (Hirn).

7. Die Seltenheit der Leicheninfektion beruht wahrscheinlich auf einer bald eintretenden Abschwächung des Virus, indem die für die gewöhnliche Ansteckung wichtige Penetrationsfähigkeit der Sp. pall. infolge einer Schädigung ihrer Endfäden und Hüllsubstanz herabgesetzt wird.

8. Größte Reinlichkeit und Vorsicht (tadellose Gummihandschuhe, evtl. gutes Einfetten) ist bei Sektionen daher stets anzuraten.

9. Eine Entschädigung dieser so seltenen Opfer einer folgenschweren Berufskrankheit sollte gewährt und bei Versicherungen berücksichtigt werden.

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