Zusammenfassung
Das entscheidende Problem in der operativen Therapie von chronischen Rückenschmerzen
besteht in der häufig unklaren Ätiologie dieser Symptomatik. Ein chirurgischer Eingriff
erfordert jedoch die Identifikation einer operativ sanierbaren Pathologie. Liegt also
eine radiologisch eindeutige Abnormität der Wirbelsäule – beispielsweise im Sinne
einer Spinalkanalstenose, Instabilität oder Deformität – vor, so besteht bei therapierefraktären
Beschwerden eine Operationsindikation mit guten Erfolgsraten. Die überwiegende Mehrzahl
der Patienten weist jedoch lediglich eine unspezifische segmentale Degeneration auf.
Fusionsoperationen sind hier nur mäßig erfolgreich und für die Vielzahl der modernen
und weniger invasiven Methoden liegen bislang keine evidenzbasierten Daten vor.
Abstract
The main challenge in the surgical treatment of chronic low back pain lies in the
poor knowledge of its etiology. Surgery, however, requires the identification of a
surgically curable lesion. In cases of radiologically obvious structural spinal disease
like stenosis, instability or deformity, surgery is indicated after failure of conservative
measures and achieves acceptable success rates. The vast majority of patients, however,
demonstrates only unspecific segmental degeneration. Fusion is only somewhat effective
and there is no evidence–based data for the abundant modern and less invasive techniques.
Schlüsselwörter
chronische Rückenschmerzen - Lumbago - operative Therapie - Entlastung - Fusion
Key words
chronic low back pain - surgery - decompression - fusion
Kernaussagen
-
Häufig iahe chronischer Rückenschmerzen unklar und die Patienten weisen nur unspezifische
degenerative Veränderungen auf.
-
Offensichtliche strukturelle Abnormitäten der Wirbelsäule wie beispielsweise eine
Spondylolisthese können chirurgissch mit gutem Erfolg therapiert werden.
-
Prinzipiell sollte bei chronischen Rückenschmerzen erst nach Versagen einer adäquaten
mehrmonatigen konservativen Therapie an eine operative Behandlung gedacht werden.
-
Die Indikation zur operativen Therapie sollte bei unspezifischen Rückenschmerzen
auf dem Boden einer segmentalen Bandscheibendegeneration streng gestellt werden.
-
Bei klinischem Verdacht auf ein lumbales Facettensyndrom ist eine diagnostische Testanästhesie
mit ggf. nachfolgender perkutaner Facettendenervation indiziert.
-
Für perkutane intradiskale Verfahren wie die Thermoläsion oder die Nucleoplastie
fehlt bislang ein Wirksamkeitsnachweis.
-
Im Falle einer konservativ therapierefraktären Nervenwurzelkompression ist eine Dekompressionsoperation
indiziert.
-
Bei Instabilitäten und Deformitäten ist das Outcome von Fusionsoperationen günstig.
-
In der Behandlung unspezifischer Rückenschmerzen weist die Fusion allenfalls marginal
bessere Ergebnisse auf als eine adäquate konservative Therapie.
-
Bandscheibenprothesen werden als vielversprechende Arthroplastietechnik eingestuft,
sind jedoch nur bei einem sehr kleinen Prozentsatz der Patienten indiziert und weisen
aktuell nur mäßige Erfolgsraten auf.
-
Dynamische Stabilisierungsverfahren können potenziell der Degeneration entgegenwirken,
ohne dass bislang ihre klinische Effektivität nachgewiesen wurde.
-
Die Zahl an modernen und minimal invasiven operativen Verfahren in der Behandlung
chronischer Rückenschmerzen nimmt stetig zu. Eine evidenzbasierte Beurteilung der
Verfahren ist noch nicht möglich.
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Prof. Dr. med. Claudius Thomé
Email: claudius.thome@nch.ma.uni-heidelberg.de