Dtsch Med Wochenschr 1913; 39(18): 828-831
DOI: 10.1055/s-0028-1128366
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Das Marmorek-Serum in der Behandlung der Lungentuberkulose

Kurt Henius - Assistenten der Klinik, Max Rosenberg - Volontärarzt der Klinik
  • Aus der II. Medizinischen Klinik der Charité in Berlin. (Direktor: Geheimrat Kraus.)
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
26. Mai 2009 (online)

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Zusammenfassung

Schädliche Folgen irgendwelcher Art hat das Marmorek-Serum nicht. Hingegen ließ sich bei der Mehrzahl der behandelten Fälle eine Besserung der subjektiven Beschwerden erzielen, wie Mattigkeit, Stiche, Husten, Nachtschweiße, Appetitlosigkeit, die teils erheblich abnahmen, teils völlig zurückgingen. Eine Besserung des Larynxbefundes konnte ich bei sechs schweren kavernösen Phthisikern nicht konstatieren, jedoch trat in zwei von diesen Fällen eine geringe Besserung des Lungenbefundes ein, und in drei Fällen wurde der Larynxbefund wenigstens stationär. Wesentliche objektive Besserung sah ich zweimal bei fünf Lungentuberkulosen zweiten Grades und dreimal bei fünf Tuberkulosen ersten Grades; bei diesen schien aber die Krankheit an und für sich einen milden Verlauf zu nehmen. Zwei Fälle von Skrofulotuberkulose blieben völlig unbeeinflußt. Eine Vergleichung des Marmorek-Serums mit anderen spezifischen Behandlungsmethoden, speziell den verschiedenen Tuberkulinpräparaten, ist von mir nicht durchgeführt worden. Ich habe für meine Untersuchungen vorwiegend schwerere Fälle herangezogen, weil ich der Meinung bin, daß zur Entscheidung der Frage über den Heilwert eines Tuberkuloseheilmittels nur solche Fälle behandelt werden sollten, bei denen eine spontane Besserung mindestens unwahrscheinlich ist. Von diesem Gesichtspunkt aus scheinen mir die geeignetsten Fälle für die Serumbehandlung die schwereren Fälle des zweiten Stadiums und die leichteren des dritten, bei denen man gute Erfolge erzielen kann, während man sich bei den schweren Fällen des dritten Stadiums mit einer Besserung des Allgemeinbefindens und der oft sehr quälenden subjektiven Beschwerden der Patienten wird begnügen müssen; die gutartigen Fälle des ersten Stadiums sind allgemeinen theoretischen Erwägungen der Immunotherapie zufolge mehr für eine Tuberkulinbehandlung, d. h. eine aktive Immunisierung, geeignet, die Praxis zeigt jedoch, daß man auch hier mit dem Marmorek-Serum sehr gute Erfolge sieht, bei denen es allerdings oft schwer zu entscheiden ist, ob es sich um spontane Besserung oder spezifische Wirkung des Mittels handelt. Vorbedingung für jeden therapeutischen Erfolg ist es aber, daß man die Behandlung, eventuell mit kleinen Intervallen, auf viele Wochen oder selbst Monate ausdehnt, was sich ja eigentlich für eine passive Immunisierung bei einer so chronischen Infektion, wie der Tuberkulose, von selbst versteht.