Dtsch Med Wochenschr 1933; 59(36): 1381-1385
DOI: 10.1055/s-0028-1141577
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Die pathogenetische Bedeutung der Enterokokken1

M. Gundel
  • Aus dem Hygienischen Institut der Universität Heidelberg. Direktor: Prof. E. Gotschlich
1 Auf Wunsch der Schriftleitung.
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Publication Date:
06 May 2009 (online)

Zusammenfassung

Den Enterokokken wird in den letzten Jahren ein zunehmendes Interesse seitens der Mikrobiologen und Kliniker gewidmet. Dieses Interesse besteht zu Recht, denn den Enterokokken ist als Krankheitserreger bisher nicht die ihnen gebührende Stellung eingeräumt worden.

Es wird in kurzem Überblick die Mikrobiologie der Enterokokken sowie die allgemeine Bakteriologie dieses Keimes und seine Stellung innerhalb der Streptokokkengruppe behandelt. Der Enterokokkus stellt keine einheitliche Art dar: neben Übergangsformen geht die Entwicklung nach 2 Richtungen, in 2 Typen (A und B), die kurz beschrieben werden, wobei u. a. besonders auf die Schwierigkeiten der Nomenklatur hingewiesen wird.

Die pathogenetische Bedeutung der Enterokokken wird zunächst auf Grund der durch diese Mikroorganismen bedingten Infektionen des Magendarmkanals behandelt. Im Vordergrund stehen hierbei die entzündlichen Veränderungen der Gallenwege, zurücktretend die der oberen Darmabschnitte, während neuerdings den Enterokokken eine besondere Rolle bei der Pathogenese der Appendizitis zugeschrieben wird. Auch als alleinige Erreger von Peritonitiden und als Mischinfektionserreger sowie als Erreger von appendizitischen Abszessen und der postappendikulären Peritonitis spielt der Enterokokkus nicht selten eine wichtige Rolle. Daneben, allerdings den Kolibazillen gegenüber an Bedeutung etwas zurücktretend, beobachtet man die Enterokokken als nächst häufige Erreger der Zystitis und der Pyelitis.

Es wird von verschiedenen Seiten manchem dieser Krankheitsfälle gegenüber die Erregernatur der Enterokokken bestritten, jedoch ist ein solcher Zweifel dann nicht mehr möglich, wenn man diese Mikroorganismen in Reinkultur als Erreger von Septikämien sieht. Hierbei kann die einwandfreie Diagnose des Enterokokkus zur Erkennung des Herdes führen, sei er in den Gallenwegen, im Darmkanal oder in den Harnwegen. Aber auch in klinisch-diagnostischer und prognostischer Hinsicht ist eine einwandfreie Diagnose überaus bedeutungsvoll, wobei besonders auf die Enterokokkenendokarditis hingewiesen sei, die streng von der Endocarditis lenta abzutrennen ist.

Somit erhebt sich das Enterokokkenproblem über rein mikrobiologische Fragestellungen hinaus. Die Differenzierung und Aufspaltung der Streptokokkengruppe ist keine spezialistische Spielerei, sondern von beträchtlicher allgemein-medizinischer Bedeutung.

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