Dtsch Med Wochenschr 1910; 36(6): 260-261
DOI: 10.1055/s-0028-1142557
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Ueber Periostitis am Epicondylus humeri

Stabsarzt  Momburg - kommandiert zur Klinik
  • Aus der Chirurgischen Klinik der Universität in Berlin. (Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Bier.)
Further Information

Publication History

Publication Date:
22 June 2009 (online)

Zusammenfassung

Es handelt sich um ein typisches, sehr schmerzhaftes Leiden, welches hauptsächlich den Epicondylus lateralis des rechten Armes befällt. In den ersten zwölf Fällen ist immer ein bestimmtes Trauma angegeben. Neunmal traten die ersten Schmerzen nach einer stärkeren Anstrengung des Armes auf, dreimal war direkter Stoß die Ursache. Auch im Falle 13 und 14 handelt es sich um Kranke, welche ihre Arme zu schwerer Arbeit gebrauchen mußten. Meine Beobachtungen stehen hier im Widerspruch zu denen Frankes, der besonders hervorhob, daß in der großen Mehrzahl jedes Trauma fehlt. Unter den 14 Kranken waren sechs Männer und acht Frauen, zwölf mal war der rechte, zweimal der linke Arm erkrankt, immer der Epicondylus lateralis.

Was die Art des Leidens anbelangt, so kann ich mich der Erklärung Frankes nicht anschließen, daß es sich um eine nervös-rheumatische Erkrankung des Epicondylus und der dazu gehörigen Nerven handelt. Vielmehr glaube ich, daß eine umschriebene Periostitis am Epicondylus humeri die Ursache der Schmerzen ist, hervorgerufen teils durch direkten Stoß, teils durch Muskelzug. Am Epicondylus sitzen die Mm. supinator longus, extensor carpi radjahs longus und brevis, extensor digitorum communis und digiti minimi proprius, extensor carpi ulnaris an. Die Muskelbäuche sind an ihrer Ansatzstelle eng miteinander verschmolzen, sodaß sie nur künstlich getrennt werden können. Sie umfassen den ganzen Epicondylus, der bei gestrecktem Arm völlig unter den Muskeln verschwindet. An der hervorragendsten Stelle des Epicondylus findet der größte Muskelzug statt, demgemäß findet sich an dieser Stelle meist die größte Druckempfindlichkeit.

Ein der Periostitis am Epicondylus humeri ähnliches Krankheitsbild bietet die sogenannte Anstrengungsperiostitis am Unterschenkel der Soldaten. Auch hierbei hat nie ein bestimmtes Trauma den Unterschenkel getroffen, sondern das Leiden entwickelt sich im Anschluß an Ueberanstrengungen der Unterschenkelmuskulatur. Es entsteht eine Periostitis der Tibia an der Ansatzstelle der Unterschenkelmuskulatur infolge Zuges der Muskeln am Periost.[1)]

Daß das Leiden im Anschlusse an Anstrengungen des Armes selten am Epicondylus medialis beobachtet wird, obwohl auch hier eine große Menge Muskeln ansetzen, beruht wohl darauf, daß diese Muskeln (Mm. pronator teres, flexor carpi radialis und ulnaris, palmaris longus, flexor digitorum sublimis) bei Gebrauch des Armes weniger in Aktion treten und weil diese Muskeln am Epicondylus medialis mehr an der Vorderseite ansetzen und die hervorragendste Partie des Epicondylus freilassen. Daß der rechte Epicondylus lateralis viel häufiger als der linke befallen wird, hat in dem stärkeren Gebrauche des rechten Armes seinen Grund.

Was die Therapie anbelangt, so halte ich mit Franke die völlige Ruhigstellung des Armes für die beste. Auch ich habe versucht, durch allerlei Mittel die Heilung zu beschleunigen, bin aber dazu übergegangen, nach starker Jodpinselung der Gegend des Epicondylus den Arm und zugleich auch die Hand festzustellen. Die Hartnäckigkeit des Leidens zeigt auch wieder eine Aehnlichkeit mit der erwähnten Anstrengungsperiostitis am Unterschenkel der Soldaten, die oft wochenlange Ruhe erfordert, um dauernd zur Heilung zu kommen.

1 Villaret u. Paalzow, Sanitätsdienst und Gesundheitspflege im deutschen Heere. Stuttgart 1909).

1 Villaret u. Paalzow, Sanitätsdienst und Gesundheitspflege im deutschen Heere. Stuttgart 1909).

    >