Dtsch Med Wochenschr 1927; 53(2): 51-53
DOI: 10.1055/s-0028-1144913
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Experimentelle Untersuchungen über salvarsanresistente Syphilisspirochäten1)

Erich Hoffmann, G. Armuzzi
  • Aus der Hautklinik der Universität in Bonn
1) Nach einem Vortrag auf der 89. Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte in Düsseldorf am 24. IX. 1926.
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Publication Date:
27 May 2009 (online)

Zusammenfassung

Bei einer an nicht ganz frischer sekundärer Syphilis leidenden Kranken trat gut 6 Wochen nach einer starken kombinierten Bismogenol-Neosalvarsankur ein aus Genital- und Tonsillarpapeln bestehendes, banales Rezidiv auf. Die dabei gefundenen, auffallend lebhaft beweglichen Spirochaetae pallidae erwiesen sich gegen Natriumsalvarsan und Hg-Schmierkur sehr stark resistent, und erst durch eine Wismut-Salvarsankur mit sehr großen Neosalvarsandosen (zuletzt 2mal 0,75 g pro Woche) neben einer ganz kurzen Zittmannschen Schwitzkur gelang es, die Erscheinungen und Spirochaetae pallidae zu beseitigen und schließlich auch die hartnäckige Wa.R. negativ zu machen, während der Liquor frei blieb. Mit diesen außerordentlich stark resistenten Spirochäten wurden, nachdem Patientin schon 3,05 g Natriumsalvarsan erhalten hatte, 3 Kaninchen subskrotal geimpft; bei allen 3 Tieren gingen sämtliche Impfschanker, infolge wohl recht hoher Virulenz, sehr schnell an, und die Beweglichkeit der Spirochaetae pallidae war auffallend lebhaft und langdauernd. Trotzdem aber wirkten Dosen von 0,02—0,03 g Neo- bzw. Natriumsalvarsan pro Kilo auf die Impfschanker und Spirochaetae pallidae prompt, sodaß die Annahme, daß diese Resistenz im Wesentlichen auf einer Insuffizienz des betreffenden menschlichen Organismus beruht, bestätigt wird. Das Vorkommen völlig und dauernd resistenter Spirochätenstämme ist danach nicht anzunehmen.

Ob bei Einhaltung der bei unserer maximalen Frühbehandlung vorgeschriebenen kurzen Pause zwischen der ersten und zweiten Kur, nämlich 5, statt hier etwas mehr als 6 Wochen, das Rezidiv oder die hochgradige Resistenz hätte verhütet werden können, vermögen wir nicht zu sagen. Unsere nun über viele Jahre gehenden und durch Liquorkontrolle gesicherten Erfahrungen zeigen uns, wie Zurhelle und Krechel in einer mit genauen statistischen Angaben belegten wichtigen Arbeit (Derm. Zschr. 49 H. 5) nachweisen, daß unser maximales Bi-Salvarsankursystem außerordentlich Günstiges leistet, sowohl hinsichtlich der regelmäßigen Verhütung ansteckungsgefährlicher Rückfälle als auch der Vorbeugung serologischer und Liquorrezidive. Bei unseren mit 3 starken kombinierten Bi-Salvarsankuren mit kurzen Intervallen und hinreichenden Dosen behandelten Patienten haben wir auch in Fällen nicht frischer sekundärer Syphilis Liquorerkrankungen bisher noch nicht finden können und sind daher zu der Hoffnung berechtigt, daß es bei richtiger Gestaltung der Chemotherapie auch ohne Malaria gelingen muß, primäre und sekundäre Syphilis, wenn letztere nicht gar zu alt und mit starken Liquorveränderungen belastet ist, zur Heilung zu bringen. Damit würden wir schon heute im Besitz der Behandlungsmethoden sein, die bei allgemeiner und konsequenter Durchführung die Ausrottung, der Syphilis erreichen können, zumal da durch eine Schwangerenfürsorge, wie Dänemark[1)] sie schon eingeführt hat, auch der kongenitalen Syphilis sehr wirksam vorgebeugt werden kann[2)].

1 Vgl die Arbeiten von Gammeltoft und sein Referat auf der 89. Versammlnug Deutscher Naturforscher und Aerzte am 22. IX. 1926.

2 Anmerkung bei der Korrektur: Schon 1909 habe ich mit Franz Blumenthal sämtliche Gebärende der Frauenklinik in Halle, später mit anderen in Bonn untersucht. Dabei fanden sich in Halle zunächst bis 20%, in Bonn bis 10% der Gebärenden mit positiver Wa.R. behaftet, später (1922/23) 6,48%. Auf diese Weise ist eine Erfassung vieler latent oder offenkundig Syphilitischer und ihrer Familien usw. verhältnismäßig leicht durchführbar, die für die Eindämmung der Syphilis äußerst wichtig erscheint. Diese unsere lange zurückliegenden Bestrebungen sind nun in Kopenhagen und an anderen Orten aufgenommen und erweitert worden (vgl. auch Edm. Hofmanns Arbeit in dieser Wochenschrift 1923 Nr. 23).

1 Vgl die Arbeiten von Gammeltoft und sein Referat auf der 89. Versammlnug Deutscher Naturforscher und Aerzte am 22. IX. 1926.

2 Anmerkung bei der Korrektur: Schon 1909 habe ich mit Franz Blumenthal sämtliche Gebärende der Frauenklinik in Halle, später mit anderen in Bonn untersucht. Dabei fanden sich in Halle zunächst bis 20%, in Bonn bis 10% der Gebärenden mit positiver Wa.R. behaftet, später (1922/23) 6,48%. Auf diese Weise ist eine Erfassung vieler latent oder offenkundig Syphilitischer und ihrer Familien usw. verhältnismäßig leicht durchführbar, die für die Eindämmung der Syphilis äußerst wichtig erscheint. Diese unsere lange zurückliegenden Bestrebungen sind nun in Kopenhagen und an anderen Orten aufgenommen und erweitert worden (vgl. auch Edm. Hofmanns Arbeit in dieser Wochenschrift 1923 Nr. 23).

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