Dtsch Med Wochenschr 1912; 38(20): 947-948
DOI: 10.1055/s-0029-1189512
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Klinische Erfahrungen mit Luminal

S. Loewe - Assistenten der Klinik
  • Aus der Psychiatrischen und Nervenklinik der Universität in Leipzig. (Direktor: Geh. Rat Prof. Dr. Flechsig.)
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Publication Date:
06 July 2009 (online)

Zusammenfassung

  1. Das Luminal bewährt sich als Sedativum und Hypnotikum bei allen Formen der Erregung Geisteskranker, sowie bei Erregung und Schlafstörungen von Degenerierten und Neurasthenikern; es entfaltet eine günstige Wirkung auch noch bei Nebenhergehen körperlicher Schmerzen; es ist wirksam auch in solchen Fällen, in denen andere Hypnoti a unwirksam bleiben oder kontraindiziert sind. Bei Deliranten erscheint es geeignet, die kupierende Wirkung hoher Veronaldosen bei wesentlich niedrigerer Dosierung zu erzielen.

  2. Schlaf von physiologischer Dauer wird bei Nichtpsychotischen schon durch Dosen von 0,2 oder höchstens 0,4 prompt erzielt; bei stark erregten Geisteskranken haben Gaben von 0,6—0,8, zum mindesten anfänglich, mit Sicherheit Erfolg.

  3. Die Nebenwirkungen (Benommenheit, Rauschzustände, Biutdrucksenkung) werden nur bei längerer Darreichung beobachtet und scheinen sich von denen des Veronals in Art und Häufigkeit kaum zu unterscheiden; das Gleiche gilt von dem in wenigen Fällen beobachteten Exanthem.

  4. In der Wirksamkeit entsprechen 0,2—0,3 g Luminal 0,5 g Veronal; ein Vorzug vor dem Veronal besteht ferner in der Anwendungsmöglichkeit des Luminals in Fällen, die sich erfahrungsgemäß gegen Veronal refraktär verhalten.

  5. Die Darreichung des Luminals geschieht per os entweder in Tablettenform, welche unter Umständen Psychotischen in Getränke eingerührt werden können, oder als einem Getränk beizumischende Lösung des in Wasser gut löslichen Luminalnatriums; diese letztere kann zweckmäßig auch per clisma verabreicht werden; besonders günstig ist die Tatsache, daß sich die Lösung des Luminalnatriums bequem und ohne Schmerzen subkutan applizieren läßt, wodurch diese Anwendung auch bei widerstrebenden Geisteskranken ermöglicht wird.

  6. In Kombination mit kleinen Morphindosen bietet das Luminal die Möglichkeit, das Hyoszin weitgehend auszuschalten, insoweit nicht die sofortige Wirkung verlangt wird.

  7. Es erscheint daher die Einführung des Luminals berechtigt, nicht nur weil es ein bei dem Wunsche abzuwechseln brauchbares Schlafmittel und Sedativum darstellt, sondern besonders wegen seiner oben angeführten Vorzüge.

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