Dtsch Med Wochenschr 1915; 41(8): 221-223
DOI: 10.1055/s-0029-1190970
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Ueber kardiopathische Hepatitis

Paul Heinrichsdorff
  • Aus der Pathologischen Abteilung des Städtischen Wenzel-Hancke-Krankenhauses in Breslau
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Publication Date:
15 July 2009 (online)

Zusammenfassung

1. Bei Herzleiden wird die Leber nicht nur sekundär in Mitleidenschaft gezogen, indem die Blutstauung zur Balkenkompression führt, sondern auch primär dadurch, daß das Herzgift zugleich auch ein Lebergift ist, das zu zentraler Acinusdegeneration und Entzündung der Glissonschen Kapsel führt. Diese dem Herzleiden koordinierte Lebererkrankung bezeichnen wir zum Unterschiede von der mechanisch bedingten Stauungsleber als kardiopathische Hepatitis.

2. Wir unterscheiden akute (subakute) und chronische Formen.

3. Die akute Zelldegeneration tritt in verschiedener Form auf, als zentrale Verfettung, als zentrale Verfettung mit hämorrhagischen, intermediär gelegenen, Ringnekrosen, als zentrale hämorrhagische Nekrosen und als durch Gefäßverschlüsse bedingte Koagulationsnekrosen.

4. Hieraus entwickeln sich die chronischen Formen, die durch eine mehr oder minder starke Bindegewebsvermehrung ausgezeichnet sind: Fibrosis hepatis.

5. Die Bindegewebswucherung nimmt naturgemäß ihren Ausgangspunkt zuvörderst von der Zentralvene, in deren Umgebung ja die primären Zelldegenerationen gelegen sind. Da aber die letzteren sich oft genug bis in die Nähe der periportalen Scheiden erstrecken und diese selbst noch sehr häufig entzündlich infiltriert sind, kommt es in den meisten Fällen auch zu einer Wucherung des periportalen Bindegewebes.

6. Die letztere ist oft nur geringgradig, häufig aber ebenso stark ausgesprochen wie die zentrale Fibrose. Die von Zentrum und der Peripherie des Läppchens ausgehenden Fasern wachsen vielfach einander entgegen, sodaß das ganze Läppchen in mehr oder weniger gleichmäßiger Weise von ihnen durchzogen sein kann.

7. Im allgemeinen wird hierdurch die typische Anordnung des Leberparenchyms nicht gestört. Nicht so selten aber kommt es bei sehr starker und vor allem ungleichmäßiger Bindegewebswucherung streckenweise zu einer Deformation der Leberstruktur, ganz ähnlich derart, wie wir sie, nur in viel ausgedehnterem Maße, bei der gewöhnlichen (alkoholischen) Leberzirrhose antreffen. Ein Verständnis für diese Erscheinung gewinnen wir aus der Tatsache, daß nicht nur zonenförmige zentro-azinäre Degeneration, sondern innerhalb dieser auch mehr oder weniger große Herde eigenartigen Parenchymabbaues auftreten, eine Kombination, wie sie auch bei der Leberschädigung durch den Alkohol beobachtet wird.

8. Die beiden Komponenten der kardiopathischen Hepatitis — Stauung und Toxämie — sind nun nicht allein da gegeben, wo Herz und Leber gemeinsam auf Grund derselben Ursachen erkranken, sondern finden sich auch überall da, wo eine toxische, wie oben charakterisierte Leberaffektion mit solchen Erkrankungen anderer Organe einhergeht, die erst sekundär das Herz in Mitleidenschaft ziehen. Darum finden wir dasselbe Leberbild auch oft bei Lungentuberkulose und bei Gefäß-und Nierenerkrankungen.

9. Auch beim Fehlen jedweder Stauung — was sowohl bei akuten wie chronischen Formen beobachtet ist — wirft der Nachweis eines Herzleidens Licht auf die Herkunft der Lebererkrankung.

10. Diese nicht-zyanotischen Herzlebern zeigen am klarsten den toxischen Ursprung der Erkrankung.

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