Pneumologie 2009; 63 - V20
DOI: 10.1055/s-0029-1214102

pH-Abhängigkeit der Nikotinwirkung

M Scheidt 1, A Chemaissani 1
  • 1Lungenklinik Köln-Merheim

Wesentlicher Grund für die große Zahl an Tabaktoten ist das hohe Suchtpotential von Nikotin in Zigaretten. Untersuchungen der letzten Jahrzehnte haben eine ausgeprägte pH-Abhängigkeit der biochemischen Struktur, der Resorbierbarkeit und damit der Suchtwirkung von Nikotin gezeigt.

Im sauren Milieu überwiegt das hydrophile Nikotinsalz, das als gebundenes Nikotin im Aerosol des Rauches partikelförmig vorliegt, damit nur schwer resorbierbar und nicht suchterzeugend ist.

Mit zunehmender Alkalisierung des Milieus (ab pH >6) wird Nikotin aus seinen Salzen gelöst. Das ungebundene freie Nikotin ist gasförmig im Rauch und kann daher leichter durch biologische Membranen diffundieren und physiologische Effekte bewirken. Im alkalischen Milieu (pH >7,5) liegt das freie Nikotin in der lipophilen Hydroxidform vor. Diese freie Nikotinbase löst sich in den fetthaltigen Strukturen der Mundschleimhaut und wird von dort gleichmässig resorbiert mit dem Resultat einer allmählich ansteigenden Serumspiegelkurve. Zigarrenrauch, Nebenstromrauch als Bestandteil des Passivrauches, NET und Snus enthalten Nikotinhydroxid, dessen suchterzeugende Wirkung konzentrationsabhängig und gering ist. Intensiv suchterzeugend wirkt vor allem die hydrophile Form des freien Nikotins, das ionisierte Nikotin, das nach Inhalation rapide durch die alveolokapilläre Membran diffundiert und im Serum zu den charakteristischen rasch aufeinanderfolgenden Konzentrationsspitzen führt, die nach den frühen, in den Laboratorien von PM durchgeführten Experimenten, essentiell sind für die Suchterzeugung. Dieses Suchtnikotin tritt auf in höchster Konzentration im schmalen pH-Bereich zwischen 6,5 und 7,0, und genau diesen pH-Bereich gilt es für die Zigarettenhersteller einzustellen. Sie erreichen dies mittels spezieller Trocknungsverfahren des Tabaks und anschließender Alkalisierung durch hochpräzise Ammoniumtechnologie. Dieses Verfahren kommt seit den Siebziger Jahren zum Einsatz und ist (noch) legal.