Laryngorhinootologie 2009; 88(7): 479-481
DOI: 10.1055/s-0029-1224164
Gutachten + Recht

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Aus der Gutachtenpraxis: Die Bedeutung der otoakustischen Emissionen für die Begutachtung der Lärmschwerhörigkeit

The Interest of Otoacoustic Emissions in Medical Expertises for Noise-Induced Hearing LossT. Brusis
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Publication Date:
01 July 2009 (online)

Einleitung

Otoakustische Emissionen (OAE) sind Schallwellen, die im Innenohr entstehen und über die Gehörknöchelchenkette des Mittelohrs in den Gehörgang ausgesendet werde. Sie können mithilfe empfindlichster Mikrofone gemessen werden. Das Innenohr ist demnach nicht nur ein Empfangsorgan, sondern auch ein Sendeorgan für Schallwellen. Nach heutigem Verständnis stellt man sich die Entstehung der OAE als Epiphänomen des sog. cochleären Verstärkers des Innenohrs vor. Motor dieses Verstärkers sind die äußeren Haarzellen. Bei einem Funktionsverlust fallen die OAE aus bzw. sind nicht nachweisbar (Oeken, J. BK-Report – Einsatz von Distorsionsprodukten otoakustischer Emissionen (DPOAE) in der Begutachtung der Lärmschwerhörigkeit. Hrsg. vom Hauptverband der gewerblichen Berufesgenossenschaften St. Augustin [2000]).

Der Wert der otoakustischen Emissionen liegt zum einen darin, dass mit einem objektiven Verfahren ein Haarzellschaden nachgewiesen werden kann. Dadurch ist in den meisten Fällen eine Abgrenzung zwischen cochleärer und retrocochleärer Schwerhörigkeit möglich. Andererseits kann das Ergebnis der DPOAE/TEOAE-Messung auch Hinweise auf den Grad der Schwerhörigkeit geben. Dies ist insbesondere bei der häufig anzutreffenden Aggravation von Gutachtenprobanden von großer Bedeutung.

Zur Differenzialdiagnose zwischen cochleärer und retrocochleärer Schwerhörigkeit werden bereits in der letzten Auflage der Empfehlungen des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Königsteiner Merkblatt) die otoakustischen Emissionen empfohlen. Im letzten Jahrzehnt hat es eine ständige Weiterentwicklung auf dem Gebiet dieser Messtechnik gegeben. Allerdings erschweren die heutige Vielfalt der kommerziell erhältlichen Geräte zur Messung otoakustischer Emissionen und das Fehlen einheitlicher Nomenklaturen und Konventionen für die Dokumentation der Messergebnisse manchmal schnelle und eindeutige Interpretationen und die Ver-gleichbarkeit der Befunde (Hoth S. und T. Böttcher: Wie werden OAE-Messungen gelesen? HNO-Nachrichten 2008; 5: 30–40).

Für die Begutachtung von Schwerhörigkeitsfällen ist es jedoch unerlässlich, dass nicht nur der Gutachter seine Befunde interpretieren kann, sondern dass die Befunde und die daraus abgeleiteten Beurteilungen durch Sachbearbeiter bei den Berufsgenossenschaften und Versicherungen, durch Richter und vor allem durch Nachgutachter nachvollziehbar sind. Die an anderer Stelle erstellen Tabellen und Grafiken müssen verständlich sein, die Nomenklatur sollte einheitlich sein. Vorschläge zu einem derartigen Konsens haben Hoth und Böttcher erarbeitet (Hoth S. und T. Böttcher: Nomenklatur und Diagramme bei der Beschreibung und Interpretation von OAE-Messungen Z. Audiol. 2008; 47 (4): 140–149).

Prof. Dr. med. T. Brusis

Institut für Begutachtung

Dürener Straße 199–203

50931 Köln

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