Senologie - Zeitschrift für Mammadiagnostik und -therapie 2009; 6 - A139
DOI: 10.1055/s-0029-1225063

Wer profitiert von einer leitlinienkonformen Therapie beim Mammakarzinom – Eine Multicenter-Studie von 3976 Patientinnen

A Wöckel 1, D Varga 1, R Wolters 2, M Wischnewsky 2, I Novopashenny 2, Z Atassi 1, C Kurzeder 1, R Kreienberg 1
  • 1Universitätsfrauenklinik, Ulm, Deutschland
  • 2Universität Bremen, Institut für Statistik, Bremen, Deutschland

Hintergrund: Die Entwicklung und Implementierung der S3-Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms“ soll die nationale Versorgungssituation optimieren. Eine Beeinflussung patientenrelevanter Outcomes durch die Implementierung der Leitlinie ist bislang aber noch nicht systematisch untersucht worden.

Methoden: In einer retrospektiven Kohortenstudie wurden insgesamt 3.976 Patientinnen mit primärem Mammakarzinom mit Erstdiagnose im Zeitraum 2001–2005 analysiert, die in der Universitätsfrauenklinik Ulm und benachbarten, kooperierenden zertifizierten Brustzentren behandelt wurden. Auf der Grundlage der S3-Leitlinie wurde ein Modell entwickelt, welches eine Bewertung der Therapie in „leitlinienkonform“ (LL-konform) und „nicht Leitlinien-konform“ (nicht LL-konform) ermöglicht.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 2.063 Patientinnen vollständig nach den Empfehlungen der Leitlinie behandelt. Bei der Therapie von 1.913 Patientinnen kam es in mindestens einer Empfehlung zu einer Leitlinienverletzung. Im Vergleich dieser beiden Gruppen zeigte sich, dass die leitlinienkonforme Behandlung einen signifikanten Einfluss auf das rezidivfreie Überleben und das Gesamtüberleben (p=0,0001) hatte. Je höher die Anzahl der Abweichungen von den Leitlinienempfehlungen war, desto niedriger war das Gesamtüberleben (p=0,0001). Ein höheres Lebensalter bei Erstdiagnose ging zusätzlich mit einer Abnahme der LL-konformen Behandlung einher. Zu den meisten Leitlinienverletzungen kam es in den Bereichen adjuvanten Strahlen- und Chemotherapie.

Schlussfolgerung: Patientinnen mit Mammakarzinom sollten leitlinienkonform behandelt werden. Die Ursachen für Abweichungen von den Leitlinienempfehlungen und Barrierefaktoren bei der Implementierung der Leitlinie müssen zukünftig evaluiert werden, um eine weitere Optimierung der Behandlungsergebnisse zu erzielen.