Der Klinikarzt 2009; 38(5): 215
DOI: 10.1055/s-0029-1225541
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Typ–2–Diabetes – Schwere Hypoglykämien erhöhen Risiko für Demenz

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Publication Date:
03 June 2009 (online)

Hintergrund: Es wird vermutet, dass akute Hypoglykämien bei Kindern mit Typ–1–Diabetes zur Beeinträchtigung der Kognition führen. Bisher gab es aber keine Studien zum Risiko für eine Demenz bei älteren Patienten mit Typ–2–Diabetes. Ob Hypoglykämien, die so schwer waren, dass eine stationäre Behandlung erforderlich war, mit einem höheren Risiko für eine Demenz bei älteren Patienten mit Typ–2–Diabetes assoziiert ist, wurde nun untersucht.

Methode: In die Kohortenstudie im Zeitraum von 1980–2002 wurden 16667 Patienten mit einem mittleren Alter von 65 Jahren und Typ–2–Diabetes aufgenommen. Alle Patienten waren Teilnehmer an einem integrierten Gesundheitsvorsorgesystem in Nordkalifornien. Die Hypoglykämien, die zwischen 1980 und 2002 auftraten, wurden anhand der Entlassdiagnosen des Krankenhauses oder der Diagnose in der Notaufnahme erfasst. Die Studienteilnehmer wurden in folgende Kohorten eingeteilt: ohne vorherige Diagnose einer Demenz, mit leichter kognitiver Einschränkung oder unbestimmten Gedächtnisstörungen. Vom 01.01.2003 bis zum 15.1.2007 wurden die Studienteilnehmer im Hinblick auf die Diagnose einer Demenz nachbeobachtet. Das Demenzrisiko wurde anhand eines Cox–Regressionsmodells ermittelt, adjustiert für Alter, Geschlecht, Ethnie, Bildung, Bodymass–Index, Dauer des Diabetes, mittlerer HbA1C über 7 Jahre, Diabetes–Therapie, Dauer der Insulintherapie, Hyperlipidämie, Hypertonie, kardiovaskuläre Erkrankungen, Apoplex, TIA und terminale Niereninsuffizienz.

Ergebnisse: Bei 1465 Patienten (8,8  %) wurde mindestens 1 Hypoglykämie und bei 1 822 Patienten (11  %) eine Demenz während des Follow–up diagnostiziert; 250 Patienten erlitten eine Demenz und mindestens 1 Hypoglykämie (16,95  %). Verglichen mit Patienten ohne Hypoglykämien hatten Patienten mit einer oder mehreren Hypoglykämien ein stufenweise erhöhtes Risiko: 1 Hypoglykämie (HR 1,26; 95  % KI 1,10–1,49), 2 Hypoglykämien (HR 1,80; 95  % KI 1,37–2,36) und 3 und mehr Hypoglykämien (HR 1,94; 95  % KI 1,42–2,64). Das zuordenbare Risiko für eine Demenz zwischen Patienten mit und ohne Hypoglykämien betrug 2,39  % pro Jahr (95  % KI: 1,72–3,01). Die Ergebnisse änderten sich nicht, wenn die Häufigkeit einer medizinischen Behandlung, Dauer der Teilnahme im Gesundheitsvorsorgesystem oder die Zeit seit der Erstdiagnose des Diabetes einbezogen wurden. Wurden die Einweisungen in die Notaufnahme wegen Hypoglykämie mit dem Risiko für eine Demenz assoziiert (535 Ereignisse), waren die Ergebnisse ähnlich, verglichen mit Patienten ohne Hypoglykämie: 1 Hypoglykämie (HR 1,42; 95  % KI: 1,12–1,78) und für 2 oder mehr Hypoglykämien (HR 2,36; 95  % KI: 1,57–3,55).

Folgerung: Die Autoren folgern aus den Ergebnissen, dass bei Patienten mit Typ–2–Diabetes, die schwere Hypoglykämien erleiden, ein erhöhtes Risiko für eine Demenz besteht. Ob dies auch für milde Formen der Hypoglykämie gilt, ist nicht bekannt. hosa

Quelle:

  • 1 Whitmer RA, Karter AJ, Yaffe K, Quesenberry CP, Selby JV.. Hypoglycemic Episodes and Risk of Dementia in Older Patients With Type 2 Diabetes Mellitus.  JAMA. 2009;  301 1565-1572
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