Der Klinikarzt 2009; 38(6): 261
DOI: 10.1055/s-0029-1233431
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Rent–a–doc

Achim Weizel
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Publication Date:
26 June 2009 (online)

Noch vor gar nicht allzu langer Zeit konnte man in den Chefarztzimmern an einer Ecke des Schreibtisches hohe Stapel an Bewerbungsmappen finden. Die Bewerber hofften auf die Gnade eines Bewerbungsgespräches und ggf. einer Stelle, die Chefärzte konnten aus einer großen Menge Bewerbern auswählen. Theoretisch müsste sich auf dieser Ecke des Schreibtisches jetzt Staub finden.

Innerhalb weniger Jahre hat sich das Blatt komplett gewendet. Heute stapeln sich bei den Bewerbern die Mappen der potenziellen Arbeitgeber. Es wird praktisch um alle Arten von Bewerbern geworben. Der mit Abstand am härtesten umkämpfte Markt ist momentan jedoch der der Fachärzte. Inzwischen leben Agenturen extrem gut davon, Fachärzte zu vermitteln. Die Auftraggeber sind bereit, ja zum Teil gezwungen, hohe Summen für die Überlassung der Arbeitnehmer zu zahlen, um den Regelbetrieb aufrecht zu erhalten.

Bei den Kollegen handelt es sich in der Regel um qualifizierte Fachärzte, die aufgrund ihrer Erfahrung in der Lage sind, sich schnell auf die Gegebenheiten vor Ort einzustellen. Primäre Motivation ist ein deutlich höheres Einkommen verglichen mit der Festanstellung. Hier ist Leistung Geld. Nachteile sind die nur temporäre Zugehörigkeit zu einem Team, in der Regel ohne persönliche Bindung zur Umgebung. Hinzu kommt, dass die Kollegen das unternehmerische Risiko (zum Beispiel bei Krankheit) selbst tragen müssen.

Die Kollegen vor Ort sind auf der einen Seite froh über die Entlastung in der täglichen Stationsarbeit sowie in den Funktionen. Das Verhältnis wird gelegentlich belastet durch das Wissen, dass die „Gäste” für gleiche Arbeit ungleich besser bezahlt werden. Durch diese Praxis entsteht in den Kliniken faktisch eine Zwei–Klassen–Gesellschaft unter den Ärzten mit vorhersehbaren Reibungsflächen.

Es ist keine Frage, dass es dem Stellensuchenden heutzutage gut tut, als Bewerber umworben zu werden, dies ist ein kompletter Wandel im Vergleich zu den „alten Zeiten”. Ob jedoch die Leiharbeit Modelle für die Lösung des Problems Ärztemangel sind, ist zweifelhaft.

Unsere Kraft sollte darauf zielen, den nachwachsenden Kollegen wieder die Freude am Beruf, der immer auch ein Stück Berufung sein sollte, zu vermitteln. Dass sich politisch etwas ändern muss, auch in Hinsicht auf die Würdigung der Arbeit und eine angemessene Bezahlung, ist unumgänglich.

Die Kliniken sind gefordert, in der Aus– und Weiterbildung tätig zu sein. Dies ist in der jüngeren Vergangenheit nicht von allen Ausbildern so gesehen und auch umgesetzt worden. Es ist natürlich bequemer, Fachärzte einzustellen, als junge Kollegen auszubilden. Dies ist aber kurzsichtig. Ausbildung kostet immer Ressourcen, die momentan überall knapp sind. Die Kollegen, die jetzt ausgebildet werden, sind aber zum einen unser Nachwuchs und zum anderen die Kollegen, die uns im Alter betreuen werden. Es sollte in unser aller Interesse sein, den Nachwuchs aus eigenen Reihen zu generieren und ihn dann durch adäquate Angebote vor Ort und vor allem in der Patientenbetreuung zu halten.

Prof. Dr. med. Achim Weizel

Mannheim

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