Suchttherapie 2009; 10 - S531
DOI: 10.1055/s-0029-1240346

Vergleich der Behandlungsergebnisse von deutschstämmigen und Patienten mit Migrationshintergrund in der stationären Opiat-Entzugsbehandlung

M Specka 1, N Scherbaum 1
  • 1LVR-Klinikum Essen, Kliniken/Institut der Universität Duisburg-Essen, Klinik f. abh. Verhalten u. Suchtmedizin, Essen

Ziele/Fragestellungen: Migrationshintergrund gilt als ein Faktor mit Auswirkungen auf den Verlauf von substanzinduzierten Störungen und deren Behandlung. Es existieren bisher noch wenig schlüssige empirische Daten über den Erfolg von stationären Opiatentzugsbehandlungen bei Patienten mit Migrationshintergrund. Methodisches Vorgehen: In einer multizentrischen Studie mit 10 beteiligten Entzugseinrichtungen wurden anhand eines strukturierten Fragebogens soziodemografische und anamnestische Daten sowie das Behandlungsergebnis der Patienten erfasst. Verglichen wurden deutschstämmige (n=653) mit türkischstämmigen (n=58) und russisch/deutschrussischen (n=103) Patienten. Ergebnisse: Die Gruppen unterschieden sich hinsichtlich einer Reihe von Merkmalen und den Ergebnissen der Entzugsbehandlung. Insbesondere waren russischstämmige Patienten im Durchschnitt deutlich jünger als die beiden anderen Gruppen, konsumierten weniger zusätzliche Substanzen, hatten weniger Erfahrungen mit Langzeittherapien und Methadonbehandlungen und zeigten die niedrigsten Raten für Behandlungserfolg (kein Frühabbruch, Erreichen eines drogenfreien Urins, reguläres Behandlungsende, Weitervermittlung in drogenfreie Therapie). Die Charakteristika der Gruppen glichen sich allerdings an, wenn nur Patienten mit Alter bis zu 30 Jahren verglichen wurden. In multiplen logistischen Regressionsanalysen zeigten sich inferenzstatistisch signifikante Assoziationen von Alter und der Zentrums-Variable mit allen Behandlungsergebnissen, während (russische) Herkunft nur noch mit vorzeitigem Abbruch assoziiert war. Schlussfolgerungen: Jüngere Männer stellten hinsichtlich der Behandlungsergebnisse die Gruppe mit den markantesten Problemen dar, weitgehend unabhängig von ihrer Abstammung. Die Zentrumseffekte zeigen, dass für den Behandlungserfolg im stationären Opiatentzug die aufgesuchte Behandlungseinrichtung von mindestens ebenso großer Bedeutung sein kann wie Patientencharakteristika.

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