Suchttherapie 2009; 10 - S641
DOI: 10.1055/s-0029-1240367

Pathologischer PC/Internet-Gebrauch: Krankheitsmodell, Merkmale der Patientengruppe, diagnostische und therapeutische Ansätze

PM Schuhler 1
  • 1AHG KLinik Münchwies, Neunkirchen-Münchwies

Ziel: Der pathologische PC/Internet-Gebrauch erregt seit einiger Zeit starkes fachliches wie öffentliches Interesse. Bis vor wenigen Jahren war diese psychische Störung nahezu unbekannt, heute werden spezifische Diagnose- und Therapiemodelle entwickelt: In dem Beitrag wird das diagnostische und therapeutische Vorgehen der AHG Klinik Münchwies, in der betroffene PatientInnen schon seit 10 Jahren behandelt werden, praxisnah dargestellt und anhand von Fallbeispielen und Therapiematerial erläutert.

Methodisches Vorgehen: Ausgangspunkt ist die Unterscheidung zwischen normalem, problematischen und pathologischen PC-Konsum als Gaming, Chatting und Surfing. Im Zentrum steht die klinisch relevante Form des pathologischen PC-Konsums, wie er im Rahmen der stationären Rehabilitation behandelt wird. Der problematische Umgang mit dem neuen Medium PC/Internet wird weniger als dysfunktionales Reiz-Reaktionsmuster im Rahmen einer ‘Online-Sucht’ begriffen, sondern viel mehr als eine tiefgreifende Störung der Beziehungs- und Selbstwertregulation. Die diagnostischen Kriterien und die Komorbidität zu anderen psychischen Erkrankungen werden dargestellt.

Ergebnis: Das neu entwickelte Therapieprogramm beruht auf einem kognitiv-verhaltenstherapeutischen Ansatz, der bindungstheoretische Perspektiven integriert. Im Zentrum stehen Ressourcenorientierung, Analyse der Bindungserfahrungen in der realen und virtuellen Welt, Erkundung der Interdependenzen, Berücksichtigung der starken emotionalen Bindung an die PC-Welt (Ich-Syntonie), nicht-konfrontative Motivierungsstrategien, Psychoedukation, Ausbau der Erlebensfähigkeit, der sozialen Kompetenz und der Selbstwertregulierung.

Schlussfolgerungen: Der nicht-konfrontative ressourcenaktivierende Ansatz in der Psychotherapie auf bindungsdynamischer Grundlage, ausgerichtet auf die soziale Interaktionsfähigkeit und Selbstwertregulierung, hat sich klinisch bewährt.

Literatur: Petry J. (2009) Im Spiel versunken und verloren: Normales, problematisches und pathologisches PC/Internet-Spielen. Göttingen: Hogrefe.