Suchttherapie 2009; 10 - S651
DOI: 10.1055/s-0029-1240371

Elterliche Alkoholerkrankung – Risikofaktor und/oder Herausforderung

A Puhm 1
  • 1Ludwig-Boltzmann-Institut für Suchtforschung, Wien, Österreich

Fragestellung: Welche Implikationen haben implizite Vorstellungen bzw. Modelle von ExpertInnen über die Situation von Kindern aus suchtbelasteten Familien für die Praxis?

Methodisches Vorgehen: Darstellung und kritische Analyse verschiedener Annäherungen an die Thematik „Kinder aus suchtbelasteten Familien“ und Schlussfolgerungen für die Praxis

Ergebnisse: Es herrscht weitgehend Übereinstimmung darüber, dass Kinder aus Familien mit Alkoholproblemen zahlreichen Belastungen ausgesetzt sind. Die High-Risk Forschung der letzten Jahrzehnte verdeutlicht zweifelsfrei, dass die elterliche Alkoholerkrankung und die damit häufig assoziierten Risikofaktoren wie z.B. chronische Disharmonie der elterlichen Beziehung, komorbide elterliche Erkrankungen, sozioökonomische Nachteile u.v.m. ein Risiko für die kindliche Entwicklung darstellen. Sowohl unter ProfessionstInnen als auch in der öffentlichen Diskussion liegt – beruhend auf konkreten Anlassfällen – der Fokus der Auseinandersetzung ausschließlich auf den negativen Konsequenzen einer elterlichen Alkoholerkrankung. Doch die Resilenzforschung zeigt, dass viele Kinder trotz widriger psychosozialer Umstände eine unauffällige Entwicklung durchlaufen; so verfügen z.B. auch Kinder aus alkoholbelasteten Familienüber zahlreiche Ressourcen, die sie trotz oder gerade aufgrund der elterlichen Erkrankung bzw. deren Auswirkungen auf das familiäre System entwickelt haben bzw. entwickeln mussten. Durch die oft tendenziöse und simplifizierende Annäherung an die Problematik „Kinder aus suchtbelasteten Familien“ wird man der komplexen Thematik nicht gerecht und begünstigt außerdem problematische Interaktionen mit den betroffenen Familien.

Schlussfolgerungen: Unterschiedliche implizite Annahmen von ExpertInnen und der Öffentlichkeit bezüglich der Situation von Kindern alkoholbelasteter Eltern beeinflussen die Interaktion der Helfersysteme mit den betroffenen Familien und letztlich auch die Inanspruchnahme bzw. Wirksamkeit von Hilfsangeboten.