veterinär spiegel 2009; 19(04): 227
DOI: 10.1055/s-0029-1240558
nutztiere
Enke Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG Stuttgart

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Wito-Jürgen Last
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Publication Date:
15 December 2009 (online)

Der Doktor und sein Titel

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In Bologna fand 1219 die erste nachweisbare Verleihung eines Doktorgrads statt. In Prag wurde am 12. Juli 1359 der erste Doktorgrad an einer deutschen Universität verliehen. Zunächst fand die Verleihung des Doktorgrads in den medizinischen, theologischen und juristischen Fakultäten statt. Die Kosten waren sehr hoch, sodass es nur der begüterten Schicht vorbehalten blieb, den Grad zu erwerben. Ein Doktor hatte bis zur Reformation das Recht, an allen abendländischen Universitäten zu lehren (ius ubique docendi), was der heutigen Habilitation entspricht. Es gibt bis heute keinen höheren akademischen Grad als den Doktor, wobei die Definition „Titel“ bei uns nicht eindeutig ist. Das Promotionsexamen blieb bis ins 18. Jahrhundert den Männern vorbehalten. 1754 promovierte Dorothea Erxleben aus Quedlinburg als erste deutsche Frau. Ihre Dissertation trug den Titel „Academische Abhandlung von der gar zu geschwinden und angenehmen, aber deswegen öfters unsicheren Heilung der Krankheiten“.

Die Gewichtung eines akademischen Grades hat offensichtlich an Bedeutung nicht verloren, was durch den Skandal um angeblich gekaufte Titel belegt wird. Umgangssprachlich hat sich der „Dr.“ als Titel durchgesetzt. Korrekt bezeichnet ist er ein akademischer Grad. In Deutschland sind ca. 70 Doktorgrade bekannt. Der Doktorgrad ist kein Namensbestandteil wie etwa ehemalige Adelstitel oder Adelsbezeichnungen. Der Promovierte hat nicht zwingend Anspruch auf Anrede mit dem Doktorgrad. Nach Vorgabe des Personalausweisgesetzes jedoch wird der Doktorgrad in den Ausweis eingetragen, was die Diskussion um den Anspruch auf die Anrede mit dem Titel aufrecht erhält. Vor ca. 2 Jahren wurde versucht, diese Vorgabe aus dem Gesetz zu streichen. Unter parteiübergreifendem Protest blieb es bei dem Versuch. Somit gebührt es der Höflichkeit, dem Respekt, dem Anstand und der Etikette, wie mit dem akademischen Doktorgrad umgegangen wird. Die Tendenz in unserer Gesellschaft ist deutlich zu erkennen.

Die Promotionsordnungen sind nach europäischem Recht seit dem 01.05.2004 innerhalb Europas angeglichen. Zur Erlangung der Doktorgrade in der Tiermedizin sind die Vorgaben der Promotionsordnungen der Universitäten zu erfüllen. Das Promotionsstudium dauert ca. 3 Jahre, mehr als die halbe Mindeststudienzeit und wird mit dem Rigorosum abgeschlossen, mit dem eigenständiges, vertieftes wissenschaftliches Arbeiten dargelegt und bestätigt wird. Eine richtungsweisende Entscheidung muss der Absolvent im Hinblick auf seinen weiteren beruflichen Werdegang selber treffen.

Aus dem Blickwinkel des Patientenbesitzers betrachtet würde ich die Wertigkeit des Doktorgrads als unentschieden einschätzen, denn entscheidend für Kundenbindung und Erfolg sind u. a. der Umgang mit Besitzer und Patient, das fachliche Know-how sowie das Equipment.

Unser Selbstwertgefühl wird durch die Anerkennung unserer kurativen Tätigkeit untermauert.

Wir haben die Möglichkeit, unsere persönliche Bestätigung durch gute veterinärmedizinische Praxis zu erfahren, mit und ohne Doktorgrad.

Und gerade dieser Umstand macht unseren Beruf so erstrebenswert, denn jeder benötigt für sein positives Ego täglich ein nennenswertes Lob.

Ich wünsche Ihnen, Ihren Familien, engen Vertrauten und Mitarbeitern besinnliche Feiertage und für das kommende Jahr Gesundheit, Zufriedenheit und Wohlergehen.

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