Z Gastroenterol 2009; 47 - P126
DOI: 10.1055/s-0029-1241376

Klinische Bedeutung der HBs Antigen-Konzentration bei Patienten mit chronischer HBV/HCV-Koinfektion

A Potthoff 1, J Jaroszewicz 1, B Calle Serrano 1, K Deterding 1, K Wursthorn 1, R Flisiak 2, K Rifai 1, M Manns 1, HL Tillmann 3, M Cornberg 1, H Wedemeyer 1
  • 1Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie, Hannover, Germany
  • 2Medical University of Bialystok, Dept. of Infectious Diseases and Hepatology, Bialystok, Poland
  • 3Duke University, Clinical Research Institute, Durham, United States

Hintergrund: Bei einer chronischen HBV/HCV-Koinfektion kommt es zu einer reziproken Hemmung beider Viren mit einer hohen Fluktuation der Virusdominanz. In den meisten Fällen ist die Hepatitis C-Infektion führend, wodurch es zu einer Suppression der HBV-DNA kommt. Die Bedeutung der HBsAg-Konzentration als Verlaufsparameter bei Patienten mit HBV/HCV-Koinfektion ist in diesem Zusammenhang unklar.

Methodik: Insgesamt wurden 88 Patienten mit einer HBV/HCV-Koinfektion untersucht (m/w: 60/28; mittl. Alter: 41±14 Jahre; 77% HBeAg negativ). 50% der koinfizierten Patienten waren HCV-dominant (HBV-DNA-/HCV-RNA+, Gruppe 1) und 18% HBV-dominant (HBV-DNA+/HCV-RNA-, Gruppe 2). 13% der Patienten waren für beide Viren replikativ (HBV-DNA+/HCV-RNA+, Gruppe 3). Bei den übrigen 19% war keine der beiden Nukleinsäuren nachweisbar (HBV-DNA-/HCV-RNA-, Gruppe 4). Als Kontrollgruppe dienten 76 Patienten mit einer HBV-Monoinfektion.

Ergebnis: Der HBsAg-Spiegel und die HB-Viruslast waren signifikant niedriger bei den Patienten mit HBV/HCV Koinfektion als bei denen mit alleiniger HBV-Infektion (mittl. HBsAg: 11998±3457 IU/mL und 16832±4612 IU/mL, p<0,008; mittl. HBV-DNA: 7,0×106 IU/mL und 9,4×106 IU/mL, p<0,001). Im Gegensatz zur HBV/HCV Koinfektion fand sich bei den Patienten mit HBV-Monoinfektion eine Korrelation der HBV-Virämie und des HBs-Antigens (R=0,19, p=0,11; R=0,42, p<0,001). Bei den koinfizierten Patienten mit neg. HBeAg war das HBsAg niedriger als bei denen mit pos. HBeAg (6347 IU/ml vs. 31709 IU/mL, p<0,003). Darüber hinaus war das HBsAg in Gruppe 1 niedriger als in den anderen Gruppen (mittl. HBsAg: 1977 IU/mL, 43173 IU/mL, 59176 IU/mL, 6559 IU/mL, entsprechend den Gruppen 1–4, p<0,03). Das HBsAg korrelierte weder mit dem Geschlecht noch mit der ALT oder AST.

Schlussfolgerung: Die Quantifizierung des HBs-Antigens scheint die Bestimmung der HBV-Virämie zur Festlegung der Virusdominanz bei Doppelinfektion nicht ersetzen zu können, da das HBsAg nur bei einem HCV-dominanten Verlauf supprimiert wird. Allerdings lässt sich aus diesen Daten ableiten, dass die Inhibition des HBsAg unabhängig von der HBV-DNA Suppression erfolgt. Zukünftige prospektive Studien sind sinnvoll, um die Bedeutung des HBs-Antigens bei der HBV/HCV-Koinfektion genauer zu evaluieren.