Der Klinikarzt 2009; 38(10): 421
DOI: 10.1055/s-0029-1243261
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Lachen ist nicht die beste Medizin, aber...

Winfried Hardinghaus
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Publication Date:
12 November 2009 (online)

„Vor einiger Zeit ärgerten sich die einzelnen Körperteile über den Magen. Es passte ihnen nicht, dass sie Nahrung zu beschaffen hatten, die dem Magen zugute kamen, während dieser selbst nichts tat, als die Früchte ihrer Arbeit zu verschlingen. Also beschlossen sie, dem Magen keine Nahrung mehr zu liefern. Die Hände führten sie nicht mehr zum Mund, die Zähne kauten nicht mehr. Der Rachen schluckte nicht mehr. Das sollte den Magen zwingen, selbst etwas zu tun. Aber sie erreichten nichts weiter, als den Körper so zu schwächen, das sie alle vom Tod bedroht waren. Also mussten sie schließlich die Lektion lernen, dass sie in Wahrheit für ihr eigenes Wohlergehen arbeiteten, wenn sie zueinander halten”.

Warum fange ich heute mit dieser aus dem Französischen stammenden Fabel, liebe Leserinnen und Leser, an? Der hier zum Ausdruck kommende, wenn Sie so wollen, fachübergreifende Aspekt des Zusammenwirkens der verschiedenen Körperteile mag erinnern an das notwendige Abgestimmtsein unter den Mitgliedern eines Teams und kommt auch insofern dem interdisziplinären Gedanken unser Zeitschrift nahe.

Für den jovialen Stil der Anfangsgeschichte hatte ich aber noch einen anderen und wesentlicheren Grund. Ich wollte damit bei Ihnen ein gewisses Schmunzeln auslösen und habe gemerkt, dass mir das, als ich mir soeben Ihre Gesichter vorstellte, in Einzelfällen wohl gelungen ist. Für uns alleine lächeln wir, zusammen lachen wir eher. Wenn wir gleich die Zeitschrift zuschlagen, und auf den nächsten Mitarbeiter, Familie oder Bekannte zugehen, vergessen wir nicht, uns bei der Begrüßung (und natürlich auch bei allen weiteren Gelegenheiten) bewusst anzulächeln. Das fördert die Zusammengehörigkeit und trägt zur Festigung der sozialen Beziehung bei, würden Soziologen sagen.

Über das Lachen schließlich gab es immer schon Diskussionen. Im Mittelalter gab es sogar Lachverbote, besonders auf öffentlichen Plätzen oder auch in Kirchen, wo man hierdurch Provokationen befürchtete. Durch Auslachen nämlich kann man Ordnungen infrage stellen – positiv gesehen, sich befreien.

Man kann seinen Chef, seinen Geschäftsführer, seine Pflegedienstleitung durch einen Scherz oder vielleicht sogar durch einen Witz zum Lachen zwingen, Vorgesetzte zu Verbündeten oder sogar Komplizen machen. Probieren sie es mal (wieder) aus!

Lachen ist sicher nicht die beste Medizin. Indes kann Lachen aber auch im Krankenhausbetrieb eine Hilfe sein, Spannungen, Tabus und Stress abzubauen. Der positive Effekt des Humors erhöht vermutlich – wenn auch kurzfristig – Endorphinspiegel und die Immunabwehr. Muskeln, Herz und Lunge werden durch Lachen trainiert. Lachtherapien sind daher in den USA in Mode gekommen.

Andrea Pichlmeier beschrieb in einem Essay die Macht des Lachens, „wie es den Menschen schüttelt und ihm Tränen in die Augen treibt; wie es über ihn kommt, sodass er sich nicht wehren kann, weil es mächtig ist, mächtiger als Wille und Disziplin. Wer hier vom Lachen überwältigt wird, weiß: Das Lachen fragt nicht, ob es erwünscht ist, sondern sucht mit Vorliebe jene Orte und Momente auf, in denen Ernst und Würde regieren. Strenge Rituale unter den Hartnäckigsten ziehen das Lachen geradezu magisch an. Ein einziges Wort, eine kleine Bewegung genügen um das Lachen auf den Plan zu rufen, und je heftiger der Mensch um seine Fassung ringt, desto sicherer verhilft er dem Lachen zum Sieg. Das Lachen gehört zum Menschen, aber es gehorcht ihm nicht.”

Und nur deswegen, liebe Leserinnen und Leser, riskiere ich es, aus meiner persönlichen Anekdotensammlung Patienten zu zitieren, um nicht despektierlich zu sein. Ganz ungeordnet eine kleine Auswahl für Sie:

„Die Verdauung muss weg” – „Ich bin übel” – „Ich habe Lunge” – „Es ist ne Makulaturdegeneration” – „War gut, wie ich in meinen Saft gefastet habe” – „Schmerzen im sakralen Bereich” – „Wo ist ihr Sakritariat?” – „Wenn man unsterblich krank ist, soll man nicht mehr alles machen” – „Ich muss zum „Hals–Narren–Osenarzt” – „Wie hoch ist ihr Erlösungsbudget?” – „Aus der Wunde kam seriöse Flüssigkeit” – „Bin kollabiert auf dem Sensorentreffen”.

Also: lachen kann befreien, kann aber auch zusammenführen.

Schreiben auch Sie, verehrte Leserinnen und Leser, uns Ihre Anekdoten!

Prof. Dr. med. Winfried Hardinghaus

Osnabrück

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