Klin Monbl Augenheilkd 2009; 226 - R7
DOI: 10.1055/s-0029-1243529

Zur Cataract-Operation beim erzgebirgischen Wildschützen Karl Stülpner

M Jähne 1
  • 1Chemnitz – Klinikum Chemnitz, Augenklinik

Die am meisten mit Legenden umwobene Person des Erzgebirges war Karl Heinrich Stülpner (1762–1841). Als Wildschütz war er ein erzgebirgischer Volksheld und ist als verwegener Jäger und Beschützer der Armen etwa mit Robin Hood in England gleichzusetzen. Stülpner wurde als 8. Kind eines Tagelöhners 1762 in Scharfenstein nahe Zschopau geboren. Ab 1780 war er kursächsischer Musketier und ab 1785 ständig auf der Flucht, desertierte mehrfach und wechselte den Unterschlupf oft zwischen Sachsen und Böhmen. Als treffsicherer Schütze versorgte er für seinen Lebensunterhalt Reiche und hohe Militärs mit Wildbret. Ab 1828 „traf ihn das große Unglück, durch den Staar zu erblinden“. Chronisten schrieben, dass sich „Stülpner 1831 beim Wundarzt und Stadtrichter Seyfarth in Mittweida der Star-Operation unterzog und danach auf dem linken Auge wieder sah“. Die Abbildung mit einer Starbrille zierte später Stülpner's autobiografisches Buch. Er starb 1841 völlig verarmt und entkräftet in seinem Geburtsort. Die Vita des Christian Gotthold Seyfferth (1772–1831), Medicinae Practicus und Stadtrichter in Mittweida, wird anhand von Archivunterlagen und einer Chronik dargestellt. Auch der Sponsor dieser 25 Taler teuren OP ist bekannt. Es ist ophthalmochirurgisch anzunehmen, dass der Augenoperateur Seyfferth in der Vor-Graefe-Ära sich dieser Methode der Extractio cataractae bediente, wie sie im „Lehrbuch der Ophthalmologie“ von Ch. G. Th. Ruete (1810–1867), ab 1852 erster Ordinarius für Augenheilkunde in Leipzig, später publiziert wurde.