Suchttherapie 2010; 11(1): 29-30
DOI: 10.1055/s-0030-1247568
Kommentar

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Moderater Gebrauch von Cannabis

Moderate Use of CannabisR. Stohler
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Publication Date:
24 February 2010 (online)

Prohibition von Alkohol und Cannabis-Prohibition

Die Geschichte des Umgangs mit Cannabis in den Industrieländern ist ähnlich lehrreich für das Konzept „Moderater Gebrauch” wie die des Umgangs mit Alkohol rund 50 Jahre früher.

1919 wurde in den USA – unter dem wesentlichen Einfluss des temperance movement – das 18th Amendment ratifiziert, in dessen Folge bis 1930 für die ganze USA die Alkoholprohibition galt. Ähnliche Gesetze waren während dieser Epoche ganz oder teilweise in Kanada, Russland und in der Sowjetunion, in Norwegen, Ungarn und Finnland in Kraft. Theoretische Grundlage der Prohibition war die Vorstellung, durch Konsum von Alkohol würde allen Menschen „Übles” eingeflößt, das Betroffene moralisch verderbe. Die Rettung vor diesem „Fluch” sei strikte Abstinenz auf individueller und Prohibition auf Staatsebene: „The curse is upon us and there is but one cure: Abstinence for the individual and prohibition for the state” [1].

Das 1930 in den USA gegründete „Federal Bureau of Narcotics” (FBN) übernahm die oben beschriebene Argumentation als Grundlage für die angestrebte und in einigen Staaten schon in Kraft gesetzte Cannabis-Prohibition. Gemäss dem FBN war Cannabis eine „Killerdroge”, die in der Lage sei, anständige Menschen in Mörder, Nymphomane und Wahnsinnige zu verwandeln [2]. Über die Gründe, die verschiedene Länder dazu bewogen, der offensichtlich absurden Argumentation des FBN zu folgen und Cannabis zu verbieten, existieren vor allem zwei Theorien: Die wichtige Rolle, die der Chemiekonzern DuPont bei der Kriminalisierung von Cannabis spielte, veranlasste Jack Herer in seinem Buch „The Emperor Wears No Clothes” [3] zu behaupten, DuPont hätte die Kriminalisierung aus Konkurrenzgründen betrieben. DuPont habe zuvor ein Verfahren zur Papiergewinnung aus Holz patentieren lassen, das demjenigen aus Hanfmark allerdings in mehrerer Hinsicht unterlegen sei. Alternativ werden rassistische Gründe aufgeführt, die verschiedene Regierungen veranlasst hätten, nur noch den mehr Schäden verursachenden Alkohol zur Rauscherzeugung zuzulassen.

Literatur

Korrespondenzadresse

R. Stohler

Psychiatrische Universitätsklinik Zürich

Zentrum für Abhängigkeits-erkrankungen Forschungsgruppe

Substanzstörungen

Selnaustraße 9

8032 Zürich

Email: rudolf.stohler@puk.zh.ch

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