Rofo 2010; 182 - WS107_5
DOI: 10.1055/s-0030-1252432

Regionale Chemotherapie aus der Sicht des Onkologen

V Heinemann 1
  • 1Ludwig-Maximilians-Universität München, Campus Klinikum Grosshadern, Medizinische Klinik III, München

Die hepatische Metastasierung stellt bei der Mehrzahl der Tumorerkrankungen eine vitale Bedrohung des betroffenen Patienten dar. Dennoch hat die Lebermetastasierung bei unterschiedlichen Erkrankungen eine unterschiedliche Dynamik und erfordert mithin unterschiedliche therapeutische Strategien. Beim metastasierten kolorektalen Karzinom (CRC) wird bei etwa 60% der Patienten eine hepatische Metastasierung gefunden, eine isolierte hepatische Metastasierung jedoch nur bei etwa 30%. Hier besteht das Primat der chirurgischen Resektion insbesondere bei Vorliegen weniger und kleiner Metastasen. Primär nicht resektable Metastasen können durch eine Konversionschemotherapie zur resektabilität gebracht werden. Aufgrund der hohen Effektivität der systemischen Chemotherapie in Kombination mit molekularbiologisch gezielten Substanzen ist die lokoregionäre Behandlung der Leber in der Erstlinientherapie des CRC in den Hintergrund getreten, an spezialisierten Zentren spielt sie aber eine Rolle in der Salvagetherapie. Limitierende Faktoren sind hier die technischen Voraussetzungen und die Erfahrung, die eine intraarterielle Leberperfusion erst möglich machen. Beim Mammakarzinom (MBC) ist eine isolierte hepatische Metastasierung dagegen deutlich seltener (2–12%). Lokoregionäre Therapieansätze sowie auch die chirurgische Resektion werden hier nur bei einer längerfristig stabilen Metastasierung erwogen, so dass zunächst die systemische Hormon- oder Chemotherapie im Vordergrund steht. Beim MBC empfehlen wir grundsätzlich vor Einsatz eines lokoregionären Therapieverfahrens den Nachweis der extrahepatischen Tumorkontrolle. Dieser kann z.B. durch eine Induktionschemotherapie erreicht werden. Zeigt sich unter dieser Behandlung eine Stabilisierung der Erkrankung und treten im mittelfristigen Verlauf keine neuen extrahepatischen Metastasen auf, so kann sekundär eine lokoregionäre Therapie der Leber in Betracht gezogen werden. Bei der Beurteilung der Effektivität lokoregionärer Verfahren ist es immer wichtig, darauf hinzuweisen, dass Patienten mit einer isolierten Lebermetastasierung eine besondere Patientenselektion darstellen, die gewöhnlich eine bessere Prognose aufweisen, als Patienten mit einer disseminierten Mehrorganmetastierung.

Lernziele:

Erwartungsgemäß sind die Behandlungsergebnisse bei auf die Leber beschränkter Erkrankung immer besser als in der Gesamtpopulation der metastasierten Patienten. Entsprechende Vergleiche zwischen lokoregionärer Therapie und systemischen Behandlungsansätzen müssen diese Problematik in die Interpretation miteinbeziehen.

Korrespondierender Autor: Heinemann V

Ludwig-Maximilians-Universität München, Campus Klinikum Grosshadern, Medizinische Klinik III, Marchioninistr. 15, 81377 München

E-Mail: Volker.Heinemann@med.uni-muenchen.de