Psychiatr Prax 2010; 37(3): 155
DOI: 10.1055/s-0030-1253136
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Spannungsfelder der Krisenintervention

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Publikationsdatum:
29. März 2010 (online)

 

Mit dem 2009 erschienenen Buch "Spannungsfelder der Krisenintervention – Ein Handbuch für die psychosoziale Praxis" von Claudius Stein wird eine Thematik aufgegriffen, welche in den meisten Psychiatrie- und Psychotherapielehrbüchern eher kursorisch behandelt wird. Es gibt jedoch eine nicht unerhebliche Anzahl von Menschen, die aufgrund von psychosozialen Belastungsfaktoren ärztliche oder psychologische Hilfe in Anspruch nehmen.

Claudius Stein, der über eine langjährige Erfahrung in der Krisenintervention verfügt, geht davon aus, dass psychosoziale Krisen zum normalen Leben gehören und eine "Nahtstelle zwischen Gesundheit und Krankheit" bilden. Sein zentrales Anliegen ist es, "dem Leser ein praktisches Konzept von Krisenintervention vorzustellen, das im klinischen Alltag gut anwendbar ist".

Nach einem kurzen historischen Rückblick und dem Versuch, den Begriff "Krise" zu definieren bzw. einzugrenzen, wird ein Überblick über verschiedene Krisenmodelle gegeben. Anschließend wird auf Gefährdungsmomente im Rahmen von Krisen eingegangen. Im Zentrum des Buches stehen jedoch praktische Hinweise zum therapeutischen Umgang mit Krisensituationen. Hier werden nach einer allgemeinen Einführung in die Methoden der Krisenintervention dann wichtige Themenfelder wie beispielsweise Krisenintervention nach Trennungen und Scheidungen, Krisenintervention nach akuten Traumatisierungen, Krisenintervention bei schwerer körperlicher Krankheit oder Krisenintervention bei akuter Suizidalität behandelt. Zum Abschluss werden noch die institutionellen Grundlagen der Krisenintervention gestreift.

Im Gegensatz zu den üblichen Mehrautorenbüchern ist das Buch von Claudius Stein aus einem Guss geschrieben. Der psychoanalytische Hintergrund des Autors ist klar zu erkennen. Besonders positiv fallen die vielen Tabellen und Zusammenfassungen auf, welche das Lesen erheblich erleichtern und immer wieder eine wichtige Orientierung geben. Dennoch stellt das Buch eine Herausforderung für den Leser dar. Dies dürfte vor allem daran liegen, dass die Gliederung nicht immer unmittelbar einsichtig ist. Auch weicht der Autor beabsichtigt vom üblichen Krankheitsmodell stark ab. Diagnostische Einordnung und medikamentöse Therapieverfahren werden nur gestreift. Leider ist der Abschnitt zu den institutionellen Voraussetzungen der Krisenintervention sehr kurz gehalten. Hier hätte man sich weitergehende Ausführungen zu aktuell drängenden Fragen gewünscht. So wäre beispielsweise zu diskutieren, auf welche Weise Kriseninterventionszentren finanziert werden sollen, und welche Leistungen als Teile einer solidarisch finanzierten Krankenversicherung erfolgen können.

Zusammenfassend stellt das Buch von Claudius Stein – auch aus Sicht eines klinisch tätigen Psychiaters – eine große Bereicherung dar. Insbesondere sind die vielen praktischen Hinweise zur Durchführung von Kriseninterventionen sehr wertvoll.

Markus Jäger, Günzburg

eMail: markus.jaeger@bkh-guenzburg.de

  • 01 Stein C . Spannungsfelder der Krisenintervention. Ein Handbuch für die psychosoziale Praxis. Stuttgart: W. Kohlhammer; 2009. 312 S., Kart. 34,90 €. ISBN: 3-17-020351-8
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