Hebamme 2010; 23(2): 72
DOI: 10.1055/s-0030-1255230
Editorial
© Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Typische Elternfragen in der Wochenbettbetreuung

Sabine Krauss-Lembcke
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Publication Date:
24 June 2010 (online)

Wann schlafen Neugeborene durch?
Mein Kind hat solche Bauchschmerzen, welches Medikament hilft dagegen?
Kann man einen Säugling verwöhnen?
Wann hat das Kind seinen Schlaf-Wachrhythmus gefunden?

Liebe Leserinnen und Leser, sicherlich sind Ihnen diese Fragen sehr vertraut. Bei jeder Wochenbettbetreuung werden sie uns Hebammen laufend gestellt und sicherlich kennen Sie auch die Bedürfnisse der Eltern, die sich hinter diesen Fragen verbergen.

Gerade beim ersten Kind sind die Eltern oft sehr verunsichert. Die Großeltern raten dazu, das Kind schreien zu lassen, weil dies „die Lunge kräftige”. Dieser Rat bringt viele junge Eltern in einen Konflikt, denn ihnen wird prophezeit: „Wenn Du Dein Kind so viel umher trägst und nachts zu Dir ins Bett nimmst, dann hört das nie mehr auf!” Daneben gibt es zahlreiche Elternratgeber, die völlig unterschiedliche Verhaltensweisen propagieren. Die Verwirrung ist groß.

Umso mehr freuen wir uns, Ihnen mit dieser Ausgabe unserer Zeitschrift konkrete und fachlich fundierte Antworten für die Beratung der Eltern geben zu können. Unser Schwerpunktthema ist der Säugling – seine Bedürfnisse, seine Probleme und die Risiken in den ersten Lebenstagen.

Der Kinderarzt Dr. Renz-Polster beschreibt in seinem Artikel über die Schlafprobleme im Säuglingsalter die evolutionsbiologische Sichtweise auf die Entwicklung eines Säuglings. Er zeigt: Es lohnt sich, gängige Verhaltensweisen unserer modernen Gesellschaft im Umgang mit dem Säugling kritisch zu überdenken.

Aus einem ähnlichen Blickwinkel untersuchte die Forschungsgruppe Verhaltensbiologie des Menschen um Dr. Joachim Bensel die Einflussfaktoren, die dazu führen, dass Säuglinge exzessiv schreien und räumt mit falschen Annahmen über die möglichen Ursachen auf. Der schreiende Säugling ist auch ein Ausdruck unserer Kultur, die den Kindern oft nicht gerecht wird.

In einem Interview mit den ungarischen Psychoanalytikern Jenö Raffai und György Hidas, den Begründern der Bindungsanalyse, zeigt sich wieder, wie sensibel und damit auch wie störanfällig die Bindung zwischen Mutter und Kind ist, aber ebenso, wie entwicklungs- und heilungsfähig.

Nachdem der Neugeborenenikterus in juristischen Auseinandersetzungen einen immer größeren Anteil ausmacht und dadurch auch die Versicherungsprämien von uns Hebammen belastet, ist es besonders wichtig, sich dazu regelmäßig den neuesten Wissensstand zu erarbeiten.

Deshalb haben wir Hella Köster um eine Art „Wissens-Update” zum Thema Neugeborenenikterus gebeten. Die Autorin setzt sich mit der Prophylaxe und der Behandlung differenziert auseinander und gibt konkrete Empfehlungen, wie wir Hebammen in der Wochenbettbetreuung – rechtlich abgesichert – handeln sollten, wenn der Verdacht auf einen Neugeborenenikterus besteht.

In unserer Reihe „Aus Fehlern lernen” bringen wir diesmal ein anonymisiertes Fallbeispiel, in dem die AutorInnen nicht genannt werden. Der Hintergrund: Leider ist ein transparentes Fehlermanagement noch nicht überall üblich. Wir wollen mit dieser Maßnahme verhindern, dass die mutige Publikation von Fallbeispielen, aus denen wir alle lernen können, Nachteile für die AutorInnen nach sich ziehen.

Während ich diese Zeilen schreibe, scheint die wärmende Morgensonne auf meinen Schreibtisch. Ich stelle mir vor, dass Sie, liebe Leserinnen und Leser, sich vielleicht mit dieser Zeitschrift in der Hand einen gemütlichen Platz in der Sommersonne suchen und das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden: Sich wohltuend weiterzubilden.

Ich wünsche Ihnen anregende Lesestunden.

Ihre

Sabine Krauss-Lembcke

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