Zeitschrift für Phytotherapie 2010; 31(6): 285-287
DOI: 10.1055/s-0030-1262413
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Phytoöstrogene
© Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Phytoöstrogene und Tumorerkrankungen

Volker Briese
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Publikationsdatum:
04. Januar 2011 (online)

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Phytoöstrogene sind weitverbreitete sekundäre Pflanzenstoffe der Substanzgruppen Isoflavonoide, (prenylierte) Flavonoide, Stilbene und Lignane. In Vertebraten können sie die Wirkung endogener Hormone nachahmen oder modulieren. In der klinischen Forschung wird deren Bedeutung hinsichtlich einer möglichen Prävention degenerativer und Tumorerkrankungen untersucht. Beim Menschen sind bisher relevante Effekte auf

die Steroidhormonproduktion, die Aromataseaktivität, die Östrogenaktivität, und die Aktivität des Androgenrezeptors beschrieben worden.

Phytoöstrogene

unterstützen die Progesteronrezeptorprotein-Expression und unterdrücken die Estrogenrezeptor a (ERa)-Expression.

Bei einer Betrachtungsweise zur klinischen Wirkung von Phytoöstrogenen sind diese vielseitigen Wirkmechanismen zu berücksichtigen. Widersprüchliche Forschungsergebnisse sind unvermeidlich und auch verständlich.

In Südostasien ist Soja die wichtigste Phytoöstrogen-Ressource. Die Akzeptanz dieser Hülsenfrucht und ihrer Produkte ist in Europa dagegen gering. Anders ist es mit dem Lein, der als sehr wichtiger Lieferant für die Lignane gilt. Der Lein gehört zu unseren ältesten Kulturpflanzen. Seine Nutzung (bzw. die der Wildform Linum bienne Mill.) seit etwa 10000 Jahren ist in vielen Gebieten der Erde nachgewiesen. Davon zeugen auch Berichte von Hippokrates von Kos (460–377 v. Chr.) oder Hildegard von Bingen (1098–1179). Wichtigste Art der heterogenen Gattung ist Linum usitatissimum L. – der Name (»überaus nützlicher Lein«) drückt seine Vielseitigkeit aus. Ein therapeutischer Nutzen des Leinöls wird u.a. vermutet bei:

Hyperaktivität, Depressionen, Diabetes, Bluthochdruck, Infektionen (antimikrobielle Aktivität).

Sogar bei der Prävention von Krebserkrankungen soll Lein einen Beitrag leisten können. Experimentelle Untersuchungen an Zellkulturen zeigen, dass nicht nur Leinsamen, sondern auch andere Bestandteile der Pflanze (z.B. die Wurzel) eine hemmende Wirkung auf das Wachstum von Krebszellen haben. Phytoöstrogene, wie Genistein, führten andererseits unter In-vitro-Bedingungen auch zu einer Steigerung der Tumorzell-Proliferation ([15]).

Literatur

Prof. Dr. Volker Briese

Universitätsfrauenklinik im Klinikum Südstadt

Südring 81

18059 Rostock

eMail: volker.briese@med.uni-rostock.de

Online

http://dx.doi.org/10.1055/s-0030-1262413