Zusammenfassung
Zielsetzung: Untersuchung der verschiedenen Anreizsysteme, die die Zulassung und die Erstattung
von Orphan Drugs erleichtern sollen.
Methode: Vergleich der besonderen Berücksichtigung von Orphan Drugs bei der Marktzulassung,
im Rahmen der gesundheitsökonomischen Evaluation, bei Erstattungsentscheidungen und
im Umgang mit Off-Label- und Compassionate-Use in Australien, Deutschland, Frankreich,
Großbritannien, Kanada, den Niederlanden, der Schweiz und den USA. Um eine fundierte
und aktuelle Übersicht wiedergeben zu können, dienten neben der verfügbaren – oft
grauen – Literatur, Experteninterviews.
Ergebnisse: Vergleicht man die Gesetzgebungen der analysierten Länder, wird deutlich, dass EU
und USA den Pharmafirmen die größten finanziellen Anreize für die Entwicklung von
Orphan Drugs bieten, während Australien und die Schweiz tendenziell von den bestehenden
Anreizen und Regularien in anderen Ländern profitieren. Bei der gesundheitsökonomischen
Evaluation von Orphan Drugs ist erkennbar, dass – obwohl nicht in allen Ländern explizit
ausgewiesen – Orphan Drugs aus den üblicherweise angewendeten Bewertungsschemata herauslöst
werden. Bei der Erstattung existieren für Orphan Drugs, neben der Möglichkeit der
Vergütung über die regulären Leistungssysteme, in allen Ländern Sonderregelungen.
Trotz der anfallenden hohen Tages-Therapiekosten bei seltenen Erkrankungen, scheint
der Zugang zumeist gewährleistet zu sein. Eine Ausnahme bilden die USA. Aufgrund der
hohen Preise von Orphan Drugs ist mit der dortigen 5%-igen Zuzahlung eine entscheidende
Einschränkung des Zugangs zu Arzneimitteln verbunden.
Schlussfolgerung: Die Anwendung gesonderter Bewertungskriterien und Vergütungsmaßnahmen fördert einerseits
Forschung und Entwicklung von Orphan Drugs, andererseits entstehen hohe Opportunitätskosten,
da gesamtgesellschaftlich hoher Aufwand für eine Patientenminderheit betrieben wird.
Eine mögliche Lösung für diese moralische Zwangslage stellen die Anwendung der „Rule
of Rescue” oder „No Cure, No Pay” Initiativen dar.
Abstract
Background: This paper analyses schemes to promote the authorisation of and reimbursement for
orphan drugs.
Methods: 8 countries – Australia, Canada, Germany, Great Britain, France, Netherlands, Switzerland,
USA – were studied to compare specific regulations for orphan drugs regarding drug
admission, health technology assessment (HTA), decision-making for reimbursement,
and off-label and compassionate use. Information was obtained by reviewing published
and grey literature. Expert interviews were also conducted.
Results: The comparison of orphan drug legislation reveals that the EU and the USA offer the
greatest incentives for the development of orphan drugs, whereas there is a tendency
for Australia and Switzerland to profit from incentives in other countries. Although
not explicitly stated, economic evaluation of orphan drugs takes the special circumstances
for orphan drugs into account. In addition to common reimbursement practices, special
schemes or programmes for the reimbursement of high-priced orphan drugs exist in all
countries that were analysed. Therefore access to orphan drugs seems to be warranted.
However, due to co-payments of 5%, the USA may form an exception.
Conclusion: On the one hand, the use of special criteria for drug admission, HTA, and reimbursement
promotes R&D for orphan drugs. On the other hand, high opportunity costs arise, because
huge efforts are made for a minority of patients. A solution for this moral dilemma
may be the application of “rule of rescue” or of “no cure, no pay” programmes.
Schlüsselwörter
Orphan Drugs - seltene Erkrankungen - ökonomische Evaluation - Erstattung - Entscheidungsfindung
Key words
orphan drugs - rare diseases - economic evaluation - legislation - reimbursement -
decision-making