PiD - Psychotherapie im Dialog 2011; 12(1): 89-92
DOI: 10.1055/s-0030-1266048
DialogBooks
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Buchempfehlungen

Katharina  Neumann
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Publication Date:
14 March 2011 (online)

Fachbücher

[Christoph Herrmann-Lingen], Christian Albus, Georg Titscher (Hrsg.): Psychokardiologie – Ein Praxisleitfaden für Ärzte und Psychologen.
Köln: Deutscher Ärzte-Verlag, 2008.
ISBN: 978-3-7691-0518-6, 200 Seiten, 39,95 €.

Das „erste Praxisbuch der Psychokardiologie” macht deutlich, dass die Psychosomatik innerhalb der Kardiologie zunehmend an Bedeutung gewinnt. Die Herausgeber, alle Internisten bzw. Kardiologen und zugleich ärztliche Psychotherapeuten, geben einen Überblick über aktuelle wissenschaftliche Studien und vermitteln außerdem praxisrelevante Erkenntnisse aus der Psychokardiologie. Durch eine ganzheitliche Sichtweise wird die Relevanz des psychosomatischen Blickwinkels in der somatischen Versorgung herzkranker Patienten betont.

Nachdem die Autoren die physiologischen Grundlagen kardialer Erkrankungen sowie einige Grundkonzepte der psychosomatischen Medizin und ausgewählte ethische Fragestellungen in der Psychokardiologie betrachtet haben, richtet sich das Hauptaugenmerk des Buches auf psychosomatische Problemfelder und psychische Krankheiten. Ausführlich werden u. a. funktionelle Herzbeschwerden, Risikoverhalten, Depression, Angststörungen sowie sozioökonomische und berufliche Belastungen in ihrer klinischen Bedeutsamkeit für Herzpatienten betrachtet und es wird auf Besonderheiten in der Diagnostik, Behandlung und in der Arzt-Patient-Beziehung eingegangen. Es schließt sich ein Kapitel über spezielle kardiologische Krankheitsbilder und Interventionen an, in dem psychologische Faktoren, mögliche psychische Symptome und therapeutische Überlegungen bei den unterschiedlichen Erkrankungen (u. a. arterielle Hypertonie, Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffizienz, Herzfehler) ausführlich diskutiert werden. Man mag sich nur einmal die psychischen Folgen, die komplexen und ambivalenten Einstellungen und Emotionen eines Patienten vor bzw. nach einer Kunstherzbehandlung oder Herztransplantation verdeutlichen! Des Weiteren werden diagnostische Aspekte und einige Besonderheiten in der Behandlung erwähnt, u. a. Psychosomatische Grundversorgung, Psychokardiologie in der kardiologischen Rehabilitation, ambulante Behandlungsmöglichkeiten.

Zu jedem Krankheitsbild wird die Wichtigkeit der psychosomatischen Grundversorgung betont und der Praktiker findet Hinweise und Anregungen, um den Patienten für die Ursachen der Herzerkrankung und die Rolle der psychosozialen Faktoren zu sensibilisieren sowie die Adherence und das Gesundheitsverhalten zu fördern. Bei Herzpatienten mit komorbiden psychischen Störungen (besonders häufig: somatoforme Störungen, Anpassungsstörung, Depression, Angsterkrankungen), maladaptiver Krankheitsverarbeitung oder hochriskantem Risikoverhalten wird eine psychotherapeutische Mitbehandlung notwendig. Dazu geht das Buch auf Besonderheiten in der Arbeit mit dieser Patientengruppe ein, so z. B. auf häufige Beziehungsmuster, Persönlichkeitsstrukturen oder Strategien der Krankheitsbewältigung und zeigt Konsequenzen für die Psychotherapie auf.

Das Buch ist für die angesprochene Zielgruppe gut geeignet. Es vermittelt Kenntnisse über psychosomatische Grundlagen sowie spezielle biopsychosoziale Faktoren bei kardiologischen Erkrankungen und richtet sich somit sowohl an Allgemeinmediziner, Internisten und Kardiologen als auch an Psychologen und Psychotherapeuten. Durch seine Übersichtlichkeit und klare Gliederung kann das Buch tatsächlich als Praxisleitfaden eingesetzt werden, da der Praktiker rasch sowohl Informationen zu einem bestimmten Thema (z. B. Arzt-Patient-Beziehung) als auch zu Besonderheiten bei einer speziellen Erkrankung finden kann, falls ein Patient mit entsprechender Diagnose bei ihm Behandlung sucht.

[Georg Titscher], Christine Schöppl: Die Bedeutung der Paarbeziehung für Genese und Verlauf der koronaren Herzkrankheit. Statuskonferenz Psychokardiologie.
Frankfurt: Verlag für Akademische Schriften, 2000.
ISBN: 3-88864-296-5, 144 Seiten, 19,50 €.

1998 wurde die Statuskonferenz Psychokardiologie gegründet mit dem Ziel, die weltweiten Wissensbestände über psychosoziale Faktoren der Entstehung, des Verlaufs, der Rehabilitation und der Krankheitsverarbeitung kardiologischer Erkrankungen zu systematisieren und zu evaluieren. Die erarbeiteten Expertisen (systematic reviews) wurden im Rahmen der Statuskonferenzen von allen beteiligten WissenschaftlerInnen intensiv diskutiert, evaluiert und nach Überarbeitung konsensuell verabschiedet, wodurch ein hohes Niveau der Arbeiten erreicht werden sollte.

Die hier vorliegende Expertise zur Bedeutung der Paarbeziehung für Genese und Verlauf der koronaren Herzerkrankung ist der erste Band der Schriftenreihe, wodurch dem Umstand Rechnung getragen wird, dass der Partner als „significant other” in hohem Maße von der Herzerkrankung des Patienten mitbetroffen ist. In die Expertise wurden insgesamt 163 Publikationen einbezogen.

Zunächst werden Studienergebnisse zum protektiven Effekt von Partnerschaft und Ehe für koronare Herzerkrankungen berichtet, wobei auch auf familiäre Probleme oder fehlende Partnerschaft als negative Primärprädiktoren eingegangen wird. Anschließend werden Studien wiedergegeben zur Bedeutung der Partnerschaft für die Krankheitsbewältigung und Prognose und es wird geschlussfolgert, dass emotionale Unterstützung durch den Partner einen wichtigen moderierenden Einfluss auf die Bewältigung der psychischen Krankheitsfolgen eines Infarktgeschehens ausübt und dass sie sich günstig auf Angst, Depression, Selbstwertgefühl und Lebensqualität von Herzpatienten auswirkt. Auch von einer höheren Überlebensrate von verheirateten Koronarkranken wird berichtet. Es wird jedoch auch aufgezeigt, dass die psychosoziale Krankheitsanpassung abhängig ist von der Qualität der ehelichen Beziehung, sodass chronische Eheschwierigkeiten oder Overprotectiveness der Partnerin die Anpassungsprozesse nach einem Infarkt erschweren können.

Im folgenden Kapitel werden Untersuchungen zu Belastungen des Partners vorgestellt, da der Herzinfarkt des Patienten den (Ehe-)Partner vor Belastungen stellt, die mit denen des Erkrankten zu vergleichen sind (u. a. Angst, Hilflosigkeit, Schuldgefühle, partnerschaftliche und finanzielle Probleme), was sich in Depressionen, aber auch körperlichen Symptomen der Partner äußern kann. Die Autoren plädieren für eine stärkere Einbeziehung des Partners in die medizinische Betreuung und Behandlung des Patienten und stellen Ergebnisse von Beratungsstudien und Gruppentherapiestudien unter Einbezug des Partners vor. Des Weiteren werden Beziehungsmuster und paardynamische Befunde bei Koronarpaaren berichtet, u. a. wird auf gemeinsame Copingmechanismen und Veränderungen in der Sexualität eingegangen. Das letzte Kapitel der Expertise ist der Bedeutung der Partnerschaft bei koronarkranken Frauen gewidmet, und es werden Unterschiede zum koronarkranken Mann aufgezeigt. Für koronarkranke Frauen bedeutet Ehe, anders als für Männer, nicht per se soziale Unterstützung, sondern kann auch zu Disstress und koronargefährdenden Belastungen führen.

Dieses Buch gibt einen kompakten Überblick über zahlreiche interessante Studienergebnisse zur Thematik Partnerschaft und koronare Herzerkrankung. Jedes Kapitel endet mit einer kurzen Zusammenfassung der berichteten Befunde, und im Anschluss findet sich eine Tabelle mit einem ausführlichen Literaturüberblick aller zitierten Publikationen, die auf einen Blick wichtige Informationen über die jeweilige Studie, Ergebnisse und Evidenzeinschätzung liefert. Somit ist die Expertise sowohl für Interessierte geeignet, die sich einen schnellen Überblick über die Thematik verschaffen wollen als auch für Personen, die sich vertieft einarbeiten möchten.

[Benjamin Bardé], Jochen Jordan: Psychodynamische Beiträge zu Ätiologie, Verlauf und Psychotherapie der koronaren Herzkrankheit. Statuskonferenz Psychokardiologie.
Frankfurt: Verlag für Akademische Schriften, 2003.
ISBN: 3-88864-372-4, 241 Seiten, 21,50 €.

Diese ebenfalls durch die Statuskonferenz Psychokardiologie herausgegebene Expertise ist der neunte Band der Schriftreihe. Es wird ein Überblick gegeben über die in englischer und deutscher Sprache vorliegenden psychodynamischen Beiträge zur Erforschung der koronaren Herzerkrankung. Nach aufwendiger Literaturrecherche wurden 233 Arbeiten in die Expertise aufgenommen.

Zunächst wird die Entwicklungslinie psychodynamischer Forschung bei koronarer Herzerkrankung in den vergangenen 100 Jahren dokumentiert. Besonders hervorgehoben und ausführlich dargestellt werden dabei die systematischen Arbeiten von Flanders Dunbar als der Höhepunkt der psychodynamisch orientierten Forschung zu psychosozialen Faktoren der koronaren Herzerkrankung. Im folgenden Kapitel werden interessante Befunde und Studienergebnisse zu Auslösesituationen von Herzinfarkten betrachtet und diskutiert (z. B. zeitliche Häufung, [Extrem-]Belastung, verschiedene psychodynamische Hypothesen). Anschließend wird der akute Myokardinfarkt als mögliches traumatisches Ereignis besprochen, wozu die Autoren eine gesonderte Literaturrecherche durchgeführt haben und die empirische Befundlage zusammenfassen. Es folgt ein Überblick über zahlreiche psychodynamische Behandlungsberichte, gegliedert in Interventionsstudien, kasuistische Studien und Experten-Erfahrungsberichte. Dabei werden sowohl Arbeiten zur Einzel- sowie zur Gruppentherapie eingeschlossen.

Immer wieder wird durch die Autoren auf Möglichkeiten und Chancen psychodynamischer Forschung und Behandlung eingegangen, aber auch methodische Mängel der vorliegenden Studien werden kritisch betrachtet, sodass sich der Leser ein sehr ausgewogenes und objektives Bild der Forschungslage machen kann.

Die Expertise bietet eine gute Zusammenfassung aller bedeutsamen psychodynamischen Veröffentlichungen bei koronaren Herzerkrankungen und gibt einen umfassenden Überblick, der aufgrund der Menge der einbezogenen Beiträge anderweitig kaum erlangt werden kann. Durch zahlreiche Zitate aus Originalarbeiten und ausführliche Falldarstellungen im Text und im Anhang werden die Befunde anschaulich dargestellt und in ihrer klinischen Relevanz nachvollziehbar. Damit ist das Buch die weltweit erste systematische Aufarbeitung psychodynamischer Publikationen zur koronaren Herzkrankheit und für Fachleute (Kardiologen, Psychosomatiker, Psychotherapeuten) in diesem Tätigkeitsfeld sehr zu empfehlen.

[Volker Köllner], Roberto D'Amelio, Danilo Fliser, Matthias Girndt (Hrsg.): Patientenschulung Arterielle Hypertonie.
München: Elsevier, 2010.
ISBN: 978-3-437-24550-3, 238 Seiten, 41,95 €.

Dieses Manual zur Leitung von Patientengruppen ist zugleich nagelneu und brandaktuell, wodurch der konstant hohen Prävalenz der Volkskrankheit Bluthochdruck Rechnung getragen wird. Die Autoren verbinden in ihrem „Hypertonie Alliance Programm” zahlreiche Elemente der klassischen Patientenschulung mit verhaltenstherapeutischen Ansätzen. Das Manual richtet sich an die durchführenden Fachleute aus dem medizinischen und psychosozialen Bereich. Im Buch werden zunächst einige internistische und psychosomatische Grundlagen der Hypertonie vermittelt sowie allgemeine Hinweise zur Durchführung der Patientenschulung gegeben. Den Hauptteil des Buches bildet das Manual für die Gruppenleiter mit klarer thematischer Struktur und Vorschlägen zur Gestaltung und zum Ablauf der Schulungssitzungen.

Insgesamt besteht das „Hypertonie Alliance Programm” aus zehn Einheiten plus zwei Booster-Sitzungen. Auf der Basis der fünf Säulen der Hypertonie-Behandlung (Medikamente, Stressmanagement, Entspannung, körperliches Ausdauertraining, Ernährungsumstellung) erhalten die Patienten umfassende Informationen über die Grunderkrankung und Behandlungsmöglichkeiten. Die Entwicklung des Manuals erfolgte multiprofessionell, ebenso ist die Durchführung der einzelnen Sitzungen je nach Themenschwerpunkt durch den jeweiligen Experten (Mediziner, Psychologe, Diätassistent, Sporttherapeut) angedacht. Das Programm wurde für den Einsatz im ambulanten Setting konzipiert, kann aber durchaus abgewandelt werden für die Anwendung im stationären Kontext. Neben dem Anliegen, den Patienten zum Experten in eigener Sache zu machen, möchte das Programm konkrete Anregungen und Hilfen zur Verhaltensmodifikation bieten, wozu es auf verhaltenstherapeutische Interventionen und Strategien zurückgreift. Somit wird neben der Wissensvermittlung der Schwerpunkt auf den Alltagstransfer des Gelernten gelegt. Die Motivation zu konkreten Verhaltensänderungen bzw. zur Aufnahme neuer Verhaltensweisen, die Durchführung und die Aufrechterhaltung stehen im Vordergrund.

Für die durchführenden Gruppenleiter bietet das Manual einen klaren Leitfaden und komplett ausgearbeitetes Material (Folien für die Gruppenstunden und Handouts für die Teilnehmer). Dennoch wird der Eindruck vermittelt, auch ausreichend Freiraum in den Gestaltungen der Stunden, Übungen, Arbeitsmaterialien zu haben. Das Buch ist ansprechend und seriös gestaltet und ist durch seine Übersichtlichkeit und seinen klaren Aufbau gut für den Praxiseinsatz geeignet. Besonders hervorzuheben ist dabei das integrierte Online-Angebot für dieses Buch, wodurch der Leser die Möglichkeit hat, die Folien und Arbeitsblätter aus dem Anhang des Buches direkt als PDF runterzuladen und für die Schulung zu verwenden.

Insgesamt betrachtet handelt es sich beim „Hypertonie Alliance Programm” um ein gut gelungenes integratives verhaltensmedizinisches Schulungs- und Behandlungsprogramm für Patienten mit arterieller Hypertonie, von dem die Teilnehmer sicher profitieren können.

Literatur

  • 1 Herrmann-Lingen C, Albus C, Titscher G. Psychokardiologie – Ein Praxisleitfaden für Ärzte und Psychologen.. Köln: Deutscher Ärzte-Verlag; 2008. ISBN: 978-3-7691-0518-6 200 Seiten, 39,95 €
  • 2 Titscher G, Schöppl C. Die Bedeutung der Paarbeziehung für Genese und Verlauf der koronaren Herzkrankheit. Statuskonferenz Psychokardiologie.. Frankfurt: Verlag für Akademische Schriften; 2000. ISBN: 3-88864-296-5 144 Seiten, 19,50 €
  • 3 Bardé B, Jordan J. Psychodynamische Beiträge zu Ätiologie, Verlauf und Psychotherapie der koronaren Herzkrankheit. Statuskonferenz Psychokardiologie.. Frankfurt: Verlag für Akademische Schriften; 2003. ISBN: 3-88864-372-4 241 Seiten, 21,50 €
  • 4 Köllner V, D’Amelio R, Fliser D, Girndt M. Patientenschulung Arterielle Hypertonie.. München: Elsevier; 2010. ISBN: 978-3-437-24550-3 238 Seiten, 41,95 €
  • 5 Middeke M. Herzinfarkt, Was Sie jetzt wissen sollten.. Stuttgart: Trias; 2002. ISBN: 3-8304-3027-2 176 Seiten, 19,95 €
  • 6 Halhuber C, Bernardo A. Gut leben mit der neuen Herzklappe.. Stuttgart: Trias; 2002. ISBN: 3-8304-3016-7 228 Seiten, 22,95 €
  • 7 Halhuber C. Bypassoperation, Ballondilatation, Stents.. Stuttgart: Trias; 2006. ISBN: 3-8304-3322-0 216 Seiten, 24,95 €

Dipl.-Psych. Katharina Neumann

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