Einleitung/Hintergrund: In den letzen Jahren haben gesundheitspolitische Reformmaßnahmen das deutsche Gesundheitssystem
modifiziert. Während bereits einige Studien mit dem Ziel durchgeführt wurden, den
allgemeinen Kenntnisstand der Bevölkerung über Neuregelungen im Gesundheitssystem
sowie deren Bewertung zu ermitteln, liegen kaum statusspezifische Ergebnisse hierzu
vor. Vor diesem Hintergrund steht im vorliegenden Beitrag die Frage im Mittelpunkt,
inwieweit der Kenntnisstand und die Bewertung gesundheitspolitischer Maßnahmen von
sozialen Determinanten beeinflusst werden. Material und Methode: Grundlage der Analyse bildet eine bevölkerungsrepräsentative Versichertenbefragung
der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (2009), in deren Rahmen insgesamt 2.032 Bürger
und Bürgerinnen im Alter zwischen 18 und 79 Jahren zu gesundheitspolitischen Themen
interviewt wurden. Zur Analyse der Zusammenhänge zwischen sozialen Statusgruppen auf
der einen und dem Kenntnisstand über Neuregelungen sowie deren Bewertung auf der anderen
Seite wurden zunächst bivariate Analysen durchgeführt. Um überprüfen zu können, ob
festgestellte Ungleichheiten auch unter Einbezug weiterer Merkmale Bestand haben,
wurden logistische Regressionen angewandt. Ergebnisse: Der Kenntnisstand über Reformmaßnahmen wird signifikant von Bildungsstand, Alter
und Staatsangehörigkeit beeinflusst. Beispielsweise haben Befragte mit dem formal
niedrigsten Bildungsstand gegenüber formal höher Gebildeten ein rund vierfach so hohes
Risiko, den Gesundheitsfond nicht zu kennen oder Nichtdeutsche gegenüber Deutschen
ein rund doppelt so hohes Risiko, die Maßnahmen nicht zu kennen. Die Bewertung der
Reformmaßnahmen variiert in erster Linie zwischen Ost- und Westdeutschen. Die Wahrscheinlichkeit,
dass Westdeutsche die Reformmaßnahmen negativ bewerten, ist gegenüber Ostdeutschen
signifikant erhöht. Diskussion: Die statusspezifischen Unterschiede im Kenntnisstand können zumindest teilweise durch
eine Informationsasymmetrie von Seiten der Ärzte und Krankenkassen erklärt werden.
Für die Umsetzung und Bewertung der Reformmaßnahmen ist es für politische Entscheidungsträger
und Leistungserbringer dringend erforderlich, die „neue Unübersichtlichkeit“ der Reformmaßnahmen
besonders gegenüber benachteiligten Gruppen transparent, handhabbar und verständlich
zu gestalten.