Einleitung: Dass es regionale Unterschiede im Rauchverhalten städtischer Bevölkerungen gibt,
ist bekannt, allerdings sind die Ursachen unzureichend untersucht. Es ist naheliegend,
Unterschiede auf eine spezifische soziodemographische Zusammensetzung der Bürgerschaft
zurückzuführen, es gibt aber Hinweise auf weitere Mechanismen. Hierzu zählt, dass
Lebensbedingungen in benachteiligten Stadtteilen das Rauchverhalten ungünstig beeinflussen.
Insofern könnte das Ausmaß sozialräumlicher Differenzen für stadtspezifische Unterschiede
im Rauchverhalten mitverantwortlich sein. Methoden: Dies wurde in einem Vergleich von vier deutschen und sechs tschechischen Städten
untersucht. Für jede Stadt lag eine bevölkerungsbezogene Stichprobe vor. Insgesamt
wurden Individualdaten von über 13.000 Personen (45–69 Jahre) aus Basiserhebungen
der „Cardiovascular Disease, Living and Ageing in Halle“ (CARLA, GER), „Health, Alcohol
and Psychosocial Factors in Eastern Europe“ (HAPIEE, CZ) und „Heinz Nixdorf Recall“
(HNR, GER) Studien einbezogen. Für alle Probanden war die Arbeitslosenquote im Wohnviertel
als Indikator sozialräumlicher Benachteiligung verfügbar. Die Haupt-Analyse wurde
mit hierarchischen binominalen Regressionsmodellen durchgeführt. Ergebnisse: Zunächst zeigten deskriptive Auswertungen, dass die Quote aktueller Raucher von Stadt
zu Stadt variierte [MIN-MAX Tschechien: 22,1%-30,2%/Deutschland: 23,1–27,1]. Hierarchische
Regressionen mit Städten als „fixed effect-variables“ bestätigten diesen Trend. Die
Odds Ratios (OR) für die Raucherwahrscheinlichkeit in Abhängigkeit vom Wohnort (Stadt)
blieben z.T. auch nach Kontrolle für individuelle Merkmale (Alter, Geschlecht, Bildung,
Erwerbsstatus, Vorerkrankungen) erhöht, reduzierten sich aber in beiden Ländern wenn
die stadtteilbezogenen Arbeitslosenquote ins Modell aufgenommen wurde. Beispielsweise
war in Deutschland die Raucherquote bei Einwohnern einer der Städte nach Kontrolle
für individuelle Merkmale 1,22fach [95-%-KI 1,00–1,46] im Vergleich zur Referenzstadt
erhöht. Die Hinzunahme der Arbeitslosenquote verringerte das OR auf 1,09 [0,91–1,32].
Diskussion: Diese Ergebnisse müssen vorsichtig interpretiert werden, da die Zahl der Städte klein
ist. Hervorzuheben ist jedoch, dass ein derartiger vergleichender Mehrebenendatensatz
bisher auch international nicht vorlag. Insofern verweist die Studie nicht nur auf
weiteren Forschungsbedarf, sondern auch auf die Bedeutung der städtischen Umwelt für
das Gesundheitsverhalten. Raucherprävention sollte diese Interventionsebene daher
nicht vernachlässigen.