Hintergrund: Wenn über die Nutzung von Sekundärdaten für die Versorgungsforschung diskutiert wird,
werden meist nur die Routinedaten der gesetzlichen Krankenversicherung thematisiert.
Jedoch gibt es weitere potenziell nutzbare Datenquellen, die bislang weniger gut bekannt
und erschlossen sind. Methoden: Datenquellen anderer Sozialversicherungsträger, der kassenärztlichen Vereinigungen,
der amtlichen Statistik und anderer Dateneigner werden vorgestellt und hinsichtlich
ihrer Potenzials und Nutzbarkeit für die Versorgungsforschung bewertet. Die Kriterien
dieser Bewertung sind u.a. Zugangsmöglichkeit, Vollständigkeit, Aktualität, Validität
und Verknüpfbarkeit mit anderen Datenquellen. Die Daten werden anhand einer Studie
zur kleinräumigen Versorgungsforschung näher erläutert. Ergebnisse: Die Potenziale der GKV-Routinedaten aber auch deren Grenzen, z.B. deren Begrenzung
auf Versicherte einer Kasse, dürfen als weitgehend bekannt vorausgesetzt werden. Neue
Perspektiven ergibt die Nutzung der Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigungen,
die sich auf Kontakte aller gesetzlich versicherten Patienten beziehen. Schwierigkeiten
entstehen dabei aber z.B. an den Bundesländer-Grenzen mit länderüberschreitender ambulanter
Inanspruchnahme. Daten aus dem stationären Bereich liefert auch die amtliche Krankenhausdiagnosestatistik,
die aber lediglich einen Fallbezug aufweist. Die Nutzung dieser Daten über die Forschungsdatenzentren
der statistischen Ämter erweist sich aufgrund formaler Bestimmungen als sehr zeitaufwändig.
GKV- und KV-Daten lassen sich kleinräumig nach Postleitzahlbereichen aufbereiten,
was wiederum amtliche Statistiken, die Angaben zu soziodemographischen Determinanten
der Inanspruchnahme liefern, nicht vermögen. Amtliche Daten unterhalb der Landkreisebene
liegen nur begrenzt vor, eine Auflösung nach PLZ-Bereichen erfolgt dabei nicht. Hier
wiederum helfen zur Bestimmung der Nennerbevölkerung (kostenpflichtige) Datenbanken
kommerzieller Anbieter. Die Verknüpfbarkeit der Datenkörper erweist sich aufgrund
unterschiedlicher Bezugssysteme und -zeiträume als nicht trivial. Fazit: Eine Verkürzung der Sekundärdatenanalyse auf die Nutzung von Routinedaten der gesetzlichen
Krankenversicherung unterschätzt das Potenzial vieler anderer Datenquellen. Bei konkreten
Projekten der Versorgungsforschung sollten daher nicht nur Daten der GKV als potenzielle
Sekundärdaten ins Auge gefasst werden.