Hintergrund: Qualitätssicherung basiert typischerweise auf Primärdatenerhebungen (z.B. BQS, div.
Register etc.). In letzter Zeit gab es mehrere Ansätze, aus Routinedaten der Krankenkassen
Qualitätsindikatoren abzuleiten. Die Validität dieser Analysen ist nicht gesichert.
Die vorliegende Studie vergleicht Aussagen zur Qualität der Versorgung auf der Basis
von Routinedaten mit denen einer Primärdatenerhebung (Berliner Herzinfarktregister
BHIR). Material und Methoden: In die Analyse wurden anonymisierte Daten von Herzinfarktpatienten der AOK Berlin
(n=5856) und des BHIR (n=5537) aus 2007 und 2008 eingeschlossen. Eine Schnittmenge
von 1272 Patienten, die in beiden Datensätzen dokumentiert sind, konnten anhand übereinstimmender
Angaben zu Ankunftszeit, Alter und Geschlecht identifiziert und verglichen werden.
Als Maß der Übereinstimmung der dokumentierten Qualitätsvariablen wurde der Kappa-Koeffizient
bestimmt. Ergebnisse: Die Grundcharakteristika der beiden Ausgangskohorten (n=5856+5537) waren deutlich
unterschiedlich (z.B. Alter der AOK-Kohorte +6 Jahre), entsprechend differierte die
Krankenhaussterblichkeit. Der Schnittmengendatensatz (n=2×1272) ergab weitgehende
Übereinstimmung für viele Variablen (Kappa Koeffizienten für Diabetes mellitus: 0,81,
STEMI: 0,68, Erstversorgung mit Notarztwagen: 0,68, Katheterintervention: 0,76, IABP:
0,71, Krankenhaussterblichkeit: 0,96), jedoch nicht für nicht-abrechnungsrelevante
Variablen (Kappa Koeffizienten für Rauchen: 0,29 und Hypercholesterinämie: 0,29) oder
Variablen mit unterschiedlichem Erhebungszeitpunkt (Aufnahme versus Entlassung; z.B.
Herzinsuffizienz: 0,32, KHK: 0,01). Die Krankenhaussterblichkeit war im Schnittmengendatensatz
identisch. Schlussfolgerungen: Der vorliegende Vergleich stellt Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes von Routinedaten
zur Qualitätssicherung im Vergleich zu Primärdaten beispielhaft anhand von Daten von
Herzinfarktpatienten dar. Er konnte zeigen, dass sich Primär- und Routinedaten sinnvoll
ergänzen können. Der Vergleich legt nahe, dass Routinedaten Primärdaten nicht ersetzen
können. So sind qualitätsrelevante Prozessparameter, wie die door to balloon Zeit
nicht in Routinedaten erfasst. Hierzu sind weiterhin Primärdatenerhebungen notwendig.