Einleitung/Hintergrund: Fallzahlprognosen sind ein wichtiges Instrument der Bedarfsplanung und Priorisierung
gesundheitsbezogener Versorgungsstrukturen. Zukünftige Patientenzahlen sind von der
demographischen Entwicklung und erkrankungsspezifischen Risikofaktoren abhängig. Hauptziel
des Forschungsvorhabens war die Ermittlung regionalisierter risikofaktoren- und bevölkerungsstrukturadjustierter
Fallzahlprognosen für Mecklenburg-Vorpommern für Myokardinfarkt- und Schlaganfallneuerkrankungen
anhand bevölkerungsbezogener Daten. Methoden: Basierend auf der Study of Health in Pomerania (SHIP) erfolgte die Ermittlung der
altersgruppen- und geschlechtsspezifischen Prävalenz erkrankungsrelevanter Risikofaktoren
sowie die Anpassung von Modellen für die Inzidenzraten der Zielerkrankungen in einer
multivariablen Poisson-Regressionsanalyse. Aufgrundlage der Inzidenzraten wurden für
verschiedene Risikofaktorenkonstellationen die altersgruppen- und geschlechtsspezifischen
1-Jahres-Inzidenzraten ermittelt. Bevölkerungsprognosen für Mecklenburg-Vorpommern
wurden für die Ermittlung von Fallzahlprognosen für die Jahre 2010 und 2020 herangezogen.
Ergebnisse: Auf Basis der Modellrechnungen anhand des Datensatzes der SHIP-0-Basisuntersuchung
sind im Jahr 2020 in Mecklenburg-Vorpommern 5331 Myokardinfarkt-Neuerkrankungen (Männer:
3311 Fälle) und 3190 Schlaganfall-Neuerkrankungen (Männer: 1835 Fälle) in den Altersgruppen
von 20 bis >80 Jahren zu erwarten. Aufgrund der Bevölkerungsstrukturentwicklung
ist damit in 2020 eine Steigerung der Myokardinfarkt-Gesamtfallzahl um 694 Fälle (15%)
und der Schlaganfall-Gesamtfallzahl um 393 Fälle (12%) gegenüber 2010 zu erwarten.
Werden stattdessen die Risikofaktorenprävalenzen aus der Follow-up-Untersuchung SHIP-1
in das Modell eingesetzt, resultiert eine geringere Zunahme der zu erwartenden Fallzahlen
(Myokardinfarkt: 4066 Fälle, Schlaganfall: 2392 Fälle) für das Jahr 2020 (Altersgruppen
von 25 bis >80 Jahren). Die Berücksichtigung von vier alternativen Risikofaktorenszenarien
auf Grundlage der relativen Änderungen der Risikofaktorenprävalenzen zwischen Basis-
und Follow-up-Untersuchung, alleiniger Veränderungen der Prävalenzen für Zigarettenrauchen
sowie einer Zunahme des BMI um 2,5% und 5% führte zu einer Änderung der Fallzahlprognosen
zwischen 1,7% und 8% (Myokardinfarkt) bzw. –12% und 3% (Schlaganfall). Diskussion/Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse verdeutlichen den führenden Einfluss des demographischen Wandels auf
die zukünftige Fallzahlentwicklung. Die Risikofaktorenentwicklung verstärkt den Effekt
des demographischen Wandels auf die prognostizierten Fallzahlen ohne jedoch bis zum
Jahr 2020 einen dominanten Effekt zu erreichen. Effektive Interventionen gegen krankheitsspezifische
Risikofaktoren können den Auswirkungen des demographischen Wandels entgegenwirken.