Kontext: In zahlreichen Ländern hat sich Health Impact Assessment (HIA) oder „Gesundheitliche
Folgenabschätzung“ in den letzten Jahren fest etabliert, und zwar innerhalb strategischer
oder projektbezogener Umweltprüfungen sowie auch ganz unabhängig davon. Es bestehen
ganze „Kulturen“ mit entsprechenden Konferenzen, Leitlinien und Fallsammlungen. In
Deutschland gibt es bisher wenig ausdrückliche Bezüge zu HIA. Dieser Beitrag präsentiert
eine Auswahl deutscher Fallbeispiele. Material und Methoden: Aus dem Arbeitsspektrum von LIGA.NRW und seinen Vorläufer-Institutionen wurden 10
HIA-Beispiele ausgewählt, die ein Spektrum unterschiedlicher HIA-Ansätze verkörpern.
Diese Beispiele werden anhand eines Satzes deskriptiver (behandeltes Thema, eingesetzte
qualitative und quantitative Methodik) und evaluativer (Stärken, Schwachpunkte) Kriterien
beschrieben und verglichen. Ergebnisse: Die Beispiele decken eine breite Themenpalette ab. Dazu gehören: die Europäische
Beschäftigungsstrategie der EU, das Wohnraumförderungsprogramm NRW 2010, die Regionale
Flächennutzungsplanung von Ruhrgebietsstädten sowie Analysen zum demographischen Wandel
im Ruhrgebiet. Ein Teil der HIA-Beispiele weist auch deutliche Umweltbezüge auf, darunter
Deponieerweiterung, Verkehrsplanung (Umgehungsstraße) und Trinkwasserprivatisierung.
Mehrere dieser exemplarischen HIAs wurden im Rahmen EU-geförderter Projekte durchgeführt.
Teilweise folgen die Beispiele etablierten Verfahrensmodellen, wie in HIA-Leitlinien
beschrieben. Die meisten von ihnen schließen mehr oder minder ausgeprägte Quantifizierungen
für ausgewählte Gesundheitsdeterminanten ein. Partizipative Elemente sind vorhanden,
aber durchweg schwächer vertreten. Folgerungen: Auch in Deutschland liegen Erfahrungen mit HIA-Ansätzen vor, u.a. im Kontext internationaler
HIA-Projekte. Jedoch ist in Deutschland das mit HIA verbundene Potenzial für Gesundheitsschutz
und -förderung noch weitgehend ungenutzt. Als unterstützende Maßnahmen wird gegenwärtig
u.a. Folgendes verfolgt: vergleichende Analyse von HIA-Leitlinien zwecks Adaptierung
für Deutschland; Erkundung lokaler und regionaler Gesundheitspläne zur Stärkung des
Gesundheitssektors; Initiative zur engeren Zusammenarbeit innerhalb der „Familie“
unterschiedlicher Impact Assessments.