Hintergrund: Trotz hoher Prävalenz, Morbidität und gesundheitsökonomischer Bedeutung der Neurodermitis
fehlen Daten über das Verordnungsverhalten der einzelnen Leistungserbringer. Material und Methoden: Datenbasis bildet eine Vollerhebung ärztlicher Leistungs- und Diagnosedaten der KV
Sachsen und der AOK Sachsen im Zeitraum 2003/2004. Aus dem Kollektiv der insgesamt
257.347 Versicherten wurden 11.555 Patienten ermittelt, bei denen die Diagnose Neurodermitis
(ICD-10 Code L20) mindestens 2-malig dokumentiert wurde. Anhand der Kohorte aller
Dermatologen und Pädiater mit Kassenarztsitz und mit >3 betreuten Neurodermitispatienten
im Untersuchungszeitraum wurde analysiert, welcher Anteil der Patienten mit Neurodermitis
durch die unterschiedlichen Facharztgruppen mit topischen Kortikosteroiden, topischem
Tacrolimus und topischem Pimecrolimus behandelt wurde und welchen Einfluss die Anzahl
der betreuten Patienten mit Neurodermitis als Surrogat für die Spezialisierung auf
das Krankheitsbild auf das Verordnungsverhalten hatte. Ergebnisse: Durchschnittlich wurden von den 71 im Untersuchungszeitraum tätigen Dermatologen
160 (5.-95. Perzentile 9–379 Patienten) und von den 175 Pädiatern 31 Neurodermitispatienten
(5.-95. Perzentile 0–91 Patienten) betreut. Der mediane Anteil an Patienten, die mit
topischen Kortikosteroiden, topischem Pimecrolimus und Tacrolimus behandelt wurden,
betrug 43%, 5% und 1% bei Dermatologen und 35%, 21% und 0% bei Pädiatern. Es bestand
eine ausgeprägte Heterogenität in der antiekzematösen Behandlung innerhalb der Fachdisziplinen.
So variierte der Anteil an Neurodermitispatienten, die potente (Klasse-III) Kortikosteroide
erhielten bei Dermatologen zwischen 0% und 58% und bei Pädiatern zwischen 0% und 80%.
Die Unterschiede in der Behandlung der einzelnen Ärzte waren unabhängig vom Alter
und Geschlecht der betreuten Patienten. Es bestand kein Zusammenhang von absoluter
Patientenzahl und medianem Anteil an Patienten, die eine bestimmte antientzündliche
Behandlung erhielten. Diskussion: Diese arztbezogene Analyse zeigt prägnante Unterschiede in der antiekzematösen Behandlung
innerhalb der einzelnen Fachdisziplinen, die weder durch demographische Patientencharakteristika
noch den Grad der Spezialisierung auf das Krankheitsbild Neurodermitis erklärbar sind.
Indirekt deutet die Heterogenität der Behandlung auf ein Potenzial zur Optimierung
der medizinischen Versorgung von Patienten mit Neurodermitis hin.