Hintergrund: Menschen mit Behinderungen sind oft Empfänger gesellschaftlicher Diskriminierung
und Missachtung. Sind sie auf Förderung, Hilfe und Begleitung angewiesen, werden sie
schnell als Last der Gesellschaft empfunden. Behinderte schwangere Frauen oder behinderte
Frauen mit Kinderwunsch müssen sich für diesen rechtfertigen und stehen später unter
dem Druck, dem mütterlichen Ideal mehr als nichtbehinderte Frauen entsprechen zu müssen.
Methode: Im Auftrag der Roland-Ernst-Stiftung für Gesundheitswesen Sachsen wurde von ca. 15.000
in Sachsen gemeldeten schwerbehinderten Frauen der Altersgruppe 25–45 Jahre eine Zufallsstichprobe
von 10% gezogen, von denen sich 33% an der Befragung beteiligten. Von den 56% Müttern
konnten 98, von den 44% kinderlosen Frauen konnten 45 für eine vertiefende Befragung
zu ihren Erfahrungen und Vorstellungen in Bezug auf Partnerschaft, Kinderwunsch und
Elternschaft gewonnen werden. Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen, dass Partnerschaft und Familienplanung wichtige Bestandteile
im Leben von behinderten/chronisch kranken Frauen sind. Die Gründe für einen unerfüllten
Kinderwunsch sind daher primär medizinischer Art. Unterstützung in ihrer Mutterrolle
berichten behinderte/chronisch kranke Frauen mit Kindern vor allem durch Familie und
Freunde, am seltensten durch ihre Partner. Ausgrenzung und Diskriminierung erleben
die Befragten sowohl auf Grund ihrer Mutterschaft als auch wegen ihrer Erkrankung/Behinderung.
Einschränkungen bei der Wahrnehmung ihrer Mutterrolle äußern sich unter anderem in
der Nichtteilnahme an familiären Alltags- und Freizeitaktivitäten. Andererseits berichten
die Mütter über zahlreiche Ressourcen wie emotionale Nähe und ein großzügiges Zeitbudget
und betonen die Wichtigkeit der sog. Werteerziehung. Die Mütter empfehlen anderen
Frauen mit Behinderungen/chronischen Erkrankungen, ihren Unterstützungsbedarf klar
zu benennen und weniger ängstlich zu sein, Hilfen anzunehmen. Sie selbst wünschen
sich weniger bürokratische Hürden und mehr finanzielle Entlastungen, Unterstützung
im Alltag und Betreuungsmöglichkeiten sowie medizinisch-therapeutische Weiterentwicklungen.
Diskussion: Schlussfolgernd lässt sich sagen, dass Elternschaft und Behinderung/chronische Erkrankung
heutzutage keine Ausnahme mehr darstellt. In der Gestaltung der Mutterrolle erfahren
behinderte/chronisch kranke Mütter vielfältige Unterstützung und wenig gesellschaftliche
Ausgrenzung, was für eine zunehmende Toleranz gegenüber dieser Personengruppe spricht.