Hintergrund: Alkohol- und Nikotinkonsum in Kindheit und Jugend stellen ein bedeutendes Public
Health Problem dar: In Deutschland rauchen etwa 41% der Jugendlichen von 12–15 Jahren
und 72% konsumieren Alkoholprodukte. In dieser verhaltensprägenden Lebensphase werden
langfristige gesundheitsgefährdende Gewohnheiten initiiert und manifestiert, so dass
Präventionsmaßnahmen von bedeutender gesellschaftlicher Relevanz sind. Für effektive
Primärprävention müssen wissenschaftliche Kenntnisse zu Risikofaktoren von Alkohol-
und Nikotinkonsum bei Kindern unter 12 Jahren vorliegen. Daten hierzu sind in Deutschland
jedoch rar. Die Deutsche Krebshilfe ermöglicht mit ihrer Finanzierung dieses interdisziplinäre
Forschungsprojekt an Grundschulkindern. Methode: In Zusammenarbeit mit der Sozialpädiatrie, Biometrie und Kriminologie wird die Arbeitsgruppe
„Sozialmedizin/Public Health“ am Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin
der Universitätsmedizin Mainz 2010/2011 eine Querschnittsstudie an Grundschulkindern
(n=2.000) der 3. und 4. Klassen in Rheinland-Pfalz durchführen. Insgesamt werden dort
ca. 140.000 Kinder an 922 Grundschulen in unterrichtet. Die Studiendurchführung wird
während der Unterrichtszeit in den Grundschulen stattfinden. Als Erhebungsverfahren
werden ein standardisierter Fragebogen, u.a. zu Selbstangaben von Nikotinexpositionen,
sowie die Sammlung von Speichelproben zur objektiven Erfassung von Nikotinexpositionen
eingesetzt. Die Speichelprobensammlung erfolgt ohne körperlichen Eingriff und anonym.
Sie ist von epidemiologischer Relevanz, da keine Erkenntnisse vorliegen, ob Kinder
dieses Alters zu sozial erwünschten Antworten bei Fragen zu Alkohol- und Tabakkonsum
neigen. Ergebnisse: Das datenschutzrechtliche und ethisch geprüfte Erhebungsverfahren sowie das Laborverfahren
zur Speichelprobenanalyse werden vorgestellt. Schlussfolgerungen: Ziel ist die Datenbasis zum Konsum von Alkohol und Nikotin bei Heranwachsenden valide
zu verbreitern sowie geeignete Ansätze zur Primär- und Sekundärprävention zu erarbeiten.
Da in Studienpopulationen von Erwachsenen nachgewiesen werden konnte, dass Selbstangaben
von Nikotinexpositionen zu Fehlklassifikationen führen, ist zu prüfen inwieweit Verzerrungen
aufgrund von sozial erwünschtem Antwortverhalten auch bei Grundschulkindern auftreten.
Gerade bei Fragen zu gesellschaftlich tabuisierten Themen ist dies zur Vermeidung
von Ergebnisverzerrungen von erheblicher Relevanz. Die durchgeführte biochemische
Objektivierung der Nikotinexposition anhand des Nikotinabbauproduktes Cotinin im Speichel
stellt dafür ein geeignetes Instrument dar.