Einleitung: Die alterstandardisierten Inzidenzen von malignen Schilddrüsentumoren (ICD-10: C73)
betrugen deutschlandweit im Jahr 2004 3,3 pro 100.000 bei Männern und 7,3 pro 100.000
bei Frauen (Europastandard). Ziel der Arbeit war es, die Behandlungsprävalenz dieser
Tumoren anhand der verfügbaren bundesweiten fallpauschalenbezogenen Krankenhausstatistik
(DRG-Statistik) zu ermitteln. Hierbei interessierten die relativen Häufigkeiten der
durchgeführten totalen Thyreoidektomien (inkl. Komplettierungs-Thyreoidektomien),
getrennt nach Alter, Geschlecht und Wohnort der Patienten. Weiterhin interessierte
der Einfluss der Inzidenzen auf die relativen Häufigkeiten der Hospitalisationen,
die wegen einer C73-Diagnose erfolgten. Methodik: Mithilfe des Fernrechnens über das Statistische Bundesamt wurde der DRG-Datensatz
der Jahre 2005–2006 ausgewertet. Die verwendeten Variablen waren: Kalenderjahr, Alter,
Geschlecht und Wohnort der Patienten, sowie Hauptdiagnosen, Nebendiagnosen (nach der
ICD-10-GM 2005 bzw. 2006 verschlüsselt) und vorgenommene operative Eingriffe, die
gemäß der Internationalen Klassifikation der Prozeduren in der Medizin (OPS 2005 bzw.
2006) kodiert wurden. Mithilfe der linearen Regressionsanalyse wurde der Zusammenhang
zwischen krebsregisterbasierten Inzidenzraten und DRG-Statistik-basierten Hospitalisationsraten,
die mit einer C73 Diagnose assoziiert waren, untersucht. Ergebnisse: Die Anzahl der Hospitalisationen mit einer C73-Diagnose, bei denen eine Schilddrüsenoperation
durchgeführt wurde, betrug in Deutschland 2005 bis 2006 11.107. Bei 67,6% dieser Hospitalisationen
wurde eine totale Thyreoidektomie vorgenommen. Die bundeslandspezifischen Proportionen
der totalen Thyreoidektomien variierten von 58,7 (in Thüringen) bis 84,3 (in Mecklenburg-Vorpommern)
bei Männern und von 44,2 (in Saarland) bis 76,6 (in Berlin) bei Frauen. Die Ergebnisse
der Regressionsanalyse zeigen, dass für jeden zusätzlichen Inzidenzfall eines Schilddrüsenmalignoms
ein Anstieg von 3,4 C73-assoziierten Hospitalisationen bei Männern bzw. 2,1 C73-assoziierten
Hospitalisationen bei Frauen deutschlandweit zu erwarten ist. Diskussion: Die berechnete Proportion der totalen Thyreoidektomien (etwa 2/3 aller Schilddrüsenoperationen)
sowie erhebliche geographische Variationen dieser Proportionen wurden auch in den
USA und in Belgien beobachtet. Diese Variationen können unterschiedliche Lehrmeinungen
der Ärzteschaft widerspiegeln. Die geschlechts-, alters- und regionalspezifischen
Hospitalisationsraten können durch die korrespondierenden Inzidenzen der malignen
Schilddrüsentumoren teilweise erklärt werden.